Highlights der 47. Kunstauktion: München im Blick
Diverse Objekte, die ein Stück Münchner Stadtgeschichte erzählen, stellen einen weiteren Schwerpunkt der Auktion am 29. November dar. Besonders im Blickpunkt stehen eine Statue des Heiligen Georg von Adolf von Halbreiter (1839 – 1898), ein für Oskar von Miller gefertigter Pokal aus der Werkstatt von Theodor Heiden sowie eine 1914 für das Feinkosthaus Alois Dallmayr abgefüllte Flasche Armagnac.
Ritter ohne Furcht und Tadel
Die Statue des Heiligen Georgs geht auf eine Glanzzeit des Münchner Goldschmiedehandwerks zurück. Ihr Urheber, Adolf Halbreiter (1839 – 1898) hatte nicht nur eine Ausbildung im Bayerischen Kunstgewerbeverein genossen, sondern auch an der Kunstakademie unter Hiltensperger und Widmann Bildhauerei studiert, bevor er nach Paris ging, um unter anderem bei Charles Christofle seine Fertigkeiten als Silberschmied und Ziseleur zu verfeinern.
Als er 1871 nach München zurückkehrte und seine eigene Werkstatt gründete, blühte das Kunsthandwerk – zum einen aufgrund der endgültigen Auflösung alter, noch im Zunftwesen begründeter Strukturen, zum anderen durch die vielfältigen Kunstinteressen Ludwigs II.
Der Goldschmied und der König
Zwischen dem Monarchen und Adolf Halbreiter entwickelte sich binnen Kurzem eine intensive Verbindung. Als der Goldschmied 1878 einen Ruf an die Kunstgewerbeschule Dresden erhielt, ernannte ihn der bayerische König zum Titular-Professor und erteilte ihm lukrative Aufträge, um ihn in München zu halten.
Der Heilige Georg als Ritter ohne Furcht und Tadel, wie ihn Halbreiter darstellt, war zur Zeit Ludwigs II. ein durchaus beliebtes Motiv. Zum einen bediente er historistische Träumereien vom Glanz des Mittelalters, zum anderen war es der König selbst, der den Heiligen ins Zentrum der Aufmerksamkeit, auch bei der Bevölkerung rückte. Ludwig II. war nicht nur Großprior des bayerischen Georgsordens, sondern hatte auch persönlich eine starke Beziehung zu dem Heiligen, die sich in diversen Taschenuhren mit Georgsbildnissen aus seinem Besitz, aber auch an der Georgsdarstellung an der östlichen Giebelfront von Schloss Neuschwanstein ablesen lässt.
Selbstbewusst in neue Zeiten
Der 1897 gefertigte “Elektropokal” legt in vielerlei Hinsicht ein beredtes Zeugnis für ein spannendes Stück Münchner Stadt- und Wissenschaftsgeschichte ab – nicht nur, weil er aus der Werkstatt des Hofgoldschmieds Theodor Heiden stammt, im ausgehenden 19. Jahrhundert eine der besten Adressen für repräsentative Gold- und Silberpräsente, mit Kunden im gesamten deutschen Hochadel.
Ein Pokal für Oskar von Miller
Bestellt wurde das edle Objekt, wie die Inschrift verrät, vom Chemiker Wilhelm von Miller, der gerade dabei war, sich auf einen der Schlüsselbereiche der erstarkenden Industrie zu spezialisieren: der Elektrochemie. Das nötige Labor an der noch jungen Technischen Universität hatte ihm kein geringerer als sein Bruder Oskar von Miller eingerichtet, zu dieser Zeit bereits höchst renommierter und dekorierter Bauingenieur und selbst längst Pionier der Elektro- und Wasserkraft-Turbinentechnik.
Gleichzeitig kündet er Pokal, den Wilhelm Oskar als Dank für dieses Laboratorium anfertigen ließ, auch von einem Dilemma, in das die um sich greifende Technisierung Ende des 19. Jahrhunderts Kunst und Gesellschaft riss: Welchen Rang sollten die zur Ausbildung von Ingenieuren nötigen Technischen Hochschulen innerhalb des Bildungskanons haben? Und wie nähert man sich diesen unbeseelten, emotionsfreien Themen als Künstler?
Heiden bediente sich einer damals gängigen Lösung, in dem er tradiertes, schmückendes Personal – hier einen Putto – mit einer greifbaren Segnung der neuen Technik, einem Elektromotor, verquickte. Und er gravierte auf die Kuppa des Pokals die Fassade des im II. Weltkrieg zerstörten Hochschulgebäudes an der Arcisstraße – seit seiner Errichtung zwischen 1864 und 1868 ein überaus greifbares Beispiel für das neue Selbstbewusstsein der technischen Wissenschaften. “schon die Wahl des Standorts (…) in direkter Nachbarschaft zu den Antikensammlungen und Pinakotheken lässt keinen zweifel an der Absicht aufkommen, dass sich die neue Bildungsinstitution (…) in den Kanon musischer Bildung integrieren sollte”, so der Architekturhistoriker Andreas Lepik, “ihm aber auch selbstbewusst gegenüber stand.”
Aus der Gascogne nach München
Das letzte prominente Objekt aus dem München-Kanon der 47. Kunstauktion erzählt ein ganz besonderes Stück Genussgeschichte.
Der Vieil Armagnac, 1914 abgefüllt für das Münchner Wein- und Delikatessenhaus Alois Dallmayr, trägt bereits den namen von Jeanne Ménal Goudoulin, die erst wenige Jahre zuvor in das Weingut Domaine de Bigor in Courrensan eingeheiratet hatte. Schon seit Generationen wurden hier Armagnacs gebrannt, doch erst Jeanne Ménal Goudoulin war es, die das Haus zwanzig Jahre später zur Weltmarke ausbaute. Zugleich belegt die vorliegende Flasche auch den Rang, den das Haus Dallmayr um 1900 einnahm: Es gehörte zu den führenden Delikatessenhäusern Europas, zählte Fürsten- und Königshäuser und sogar den deutschen Kaiserhof zu seinen Kunden, beschäftigte an die 70 Mitarbeiter und verfügte über ein ganz Europa umspannendes Netz an Produzenten von Weinen und Nahrungsmitteln bester Qualität.
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