Im Blickpunkt der Novemberauktion (III): Eine Spitzweg-Landschaft
Wer Spitzweg hört, denkt an humorvolle Genrebilder, feinsinnige Pointenbilder oder augenzwinkernde Beobachtungen zum Zeitgeist der Biedermeier-Ära. Dass der Autodidakt Carl Spitzweg (1808 – 1885) darüber hinaus auch ein meisterlicher Landschaftsmaler war, lassen Werke wie „Der Sonntagsspaziergang“ oder „Der Institutsspaziergang“ zwar erahnen, wirklich wahrgenommen aber wird diese Facette im Werk des legendären Münchner Malers kaum. Dabei nimmt die Landschaftsmalerei, der 1860 enstandene „Institutsspaziergang“ deutet es bereits an, gerade in den späteren Jahren breiten Raum in Spitzwegs Schaffen ein.
Landschafts-Studien mit Eduard Schleich
Die Grundlage für dieses Interesse legte Spitzwegs Malerfreund Eduard Schleich d. Ä. (1812 – 1874), der in den 1840er Jahren zu einem Wegbereiter der Freilichtmalerei in Deutschland wurde und gemeinsam mit Carl Spitzweg ausgedehnte Ausflüge in die bayerischen Gebirge unternahm, um Naturstudien zu betreiben.
Constable, Bonington und die Schule von Barbizon
1851 reisten Schleich und Spitzweg gemeinsam nach London und Paris, wo Carl Spitzweg die Werke von John Constable und Richard Parkes Bonington sowie die Maler der Schule von Barbizon kennenlernte. Mit den Landschaftsmalern Diaz, Daubigny und Rousseau stand er danach über viele Jahre in Kontakt.
Spitzwegs meisterlicher Landschafts-Stil
Ihr Einfluss auf Landschaftsgemälde wie das bei SCHEUBLEIN vorliegende, zum Schätzpreis von 28.000 Euro angebotene Werk ist deutlich spürbar. „Flächiger Farbauftrag als Grundstruktur, Akzente reiner Farben, Ton-in-Ton gehaltene Atmosphäre, hell leuchtende Lichtgestaltung, unterbrochener Pinselstrich und skizzenhafte Ausführung von Flächen, Licht und Schatten“: So beschreibt die Kunsthistorikerin Alexandra Matzner in ihrem exzellent aufbereiteten Blog „Art in Words“ Carl Spitzwegs Landschaftsstil.
Höchste Kunst auf Zigarrenkisten
Die Malgrundlage des vorliegenden Bilds ist ebenfalls typisch: Die Brettchen seiner Zigarrenkisten waren Spitzwegs bevorzugter Malgrund für die „Kleinen Landschaften“, die nach 1859 entstanden: „Die subjektive Reaktion des Malers auf die Natur wurde, so lässt sich leicht beobachten, in den späten Jahren zunehmend wichtiger als der Biedermeierrealismus“, schreibt Matzner. „Die ,intime Landschaft‘ löste die heroische Landschaft ab. Das Malerische und die Auflösung der Form zeigt, dass der Maler bis ins hohe Alter an der Frage arbeitete, was ein Gemälde leisten kann.“
Zwei zu je 600 Euro angebotene Bleistift-Studien aus Spitzwegs Hand runden die Offerte ab.
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