Highlights der März-Auktion: Design-Klassiker des 20. Jahrhunderts
Gerade in der Ära des sachlicher werdenden Jugendstils, wie ihn die Wiener Werkstätte prägte, und während der Klassischen Moderne entstanden Möbel und Einrichtungsgegenstände, die wir bis heute als absolut zeitlos empfinden. SCHEUBLEIN Art & Auktionen freut sich, eine ganze Reihe davon in der Auktion am 24. März präsentieren zu können. Eines der Highlights: “Purkersdorfer Sessel” nach Entwürfen von Josef Hoffmann.
Die Purkersdorfer Sessel: Entwürfe für ein kühnes Projekt
Wie viele Entwürfe des Wiener Architekten und Gestalters (1870 – 1956) wirken auch Hoffmanns „Purkersdorfer Sessel“ auf den ersten Blick wie Designermöbel aus den letzten vierzig Jahren. In Wirklichkeit sind sie eines der prägnantesten Beispiel für die radikal modernen Formen, die der Gestalter gemeinsam mit dem Maler, Graphiker und Kunsthandwerker Koloman Moser für die von beiden gegründeten Wiener Werkstätten Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte.
Den beiden Künstlern gelang es, sich aus der ornamentbeladenen Ausprägung des Jugendstils französischer oder belgischer Prägung zu lösen und bereits mit Gründung der Wiener Werkstätten 1903 zu einer klaren, Form und Funktion eines Gegenstands unmittelbar verknüpfenden Designsprache zu finden. Noch im Gründungsjahr erreichte Hoffmann der Auftrag für ein Projekt, in dem es möglich war, diese radikal innovative Stilistik von der äußeren, architektonischen Hülle bis hin zum kleinsten Ausstattungsdetail durchzuspielen: im an der Stadtgrenze von Wien durch den Industriellen und Kunstmäzen Victor Zuckerkandl in Auftrag gegebenen Sanatorium Purkersdorf.
Von vorneherein war das Sanatorium nicht nur als Heilanstalt, sondern auch als gesellschaftlicher und künstlerischer Treffpunkt der Wiener Gesellschaft geplant.
Das Sanatorium Purkersdorf: Mehr Luxushotel als Heilstätte
Hoffmann schuf entsprechend ein durchkomponiertes System von Raumausstattungen, die auch für ein Luxushotel angemessen gewesen wären: Möblierung, Boden- und Wandgestaltung, Beleuchtung und Textilien waren aufs engste aufeinander abgestimmt. Die vorliegenden „Purkersdorfer Sessel“ waren für die Eingangshalle bestimmt. Geflecht und Rücken-Kissen waren, korrespondierend zum großflächig schwarz-weiß gemusterten Boden, ebenfalls in Schwarz-Weiß gehalten.
Mit der Nutzung des Gebäudes zunächst als Lazarett der Wehrmacht während des Zweiten Weltkriegs und anschließend durch die Rote Armee verschwand die vorhandene Möblierung praktisch vollständig, auch das Gebäude verfiel ab 1975, bevor es ab 1995 umfassend renoviert wurde.
Die “Purkersdorfer Sessel”: ein lebendiges Erbe
Dank der Tatsache, dass Carla Hoffmann, die Witwe Josef Hoffmanns, den handwerklich arbeitenden Wittmann Möbelwerkstätten die Rechte an den Entwürfen ihres Ehemanns anvertraut hatte, wurden ausgewählte Möbelstücke Hoffmanns ab den 1970er Jahren wieder reproduziert. Auch die vorliegenden, bei Wittmann nach dem Sanatorium „Purkersdorf“ benannten Armlehnsessel wurden in der Manufaktur im niederösterreichischen Etsdorf am Kamp angefertigt. Sie beweisen, dass sich komfortablen, stringenten und zugleich extravaganten Sessel auch 120 Jahre, nachdem sie entworfen wurden, gut und gern benutzen lassen.
Bis heute Klassiker: “Barcelona Chairs”
Noch berühmter als Hoffmanns “Purkersdorfer Sessel” sind die “Barcelona Chairs“, die Ludwig Mies van der Rohe (1886 – 1969) für den deutschen Pavillon auf der Weltaustellung in Barcelona entwarf. Seitdem erleben die Chairs immer wieder Revivals – sei es in den chromverliebten 1950er Jahren, in den als Gegenposition zu Memphis formulierten extrem unterkühlten Interiors der 1980er, oder im minimalistisch-eklektischen Stil der 2000er Jahre. Das bei SCHEUBLEIN vorliegende Paar an “Barcelona Chairs” ist cremefarben gepolstert.
Fragiles Gleichgewicht: La lampe equilibrée
Sie gehört zu den berühmtesten Leuchten der Design-Geschichte. Über den Ingenieur Èdouard-Wilfrid Buquet, der die bewegliche, mit Gegengewichten ausbalancierte Lampe erdachte und konstruktive Teile wie den Gelenkmechanismus 1927 zum Patent anmeldete, ist allerdings kaum etwas bekannt.
Das “Aus der Balance-Geraten” und “Zu einem neuen Gleichgewicht Finden” war in den 1920er Jahren nicht nur ein Thema, das diesen stilsicheren Technik-Experten umtrieb; zur gleichen Zeit entstanden auch Alexandr Calders erste Mobiles. Édouard-Wilfrid Buquet entwickelte nach seinem Prinzip eine Tisch-, eine Wand- und eine Stehleuchte. Letztere bietet SCHEUBLEIN Art & Auktionen zum Schätzpreis von 1.400 Euro an.
Leuchten wie Fledermäuse: Die “Pipistrello”-Leuchten von Gae Aulenti
Wer heute den Namen Gae Aulenti (1927 – 2012) hört, denkt vor allem an Großes: an den Pariser Gare d’Orsay, den die Architektin, Innenarchitektin und Architekturtheoretikerin zwischen 1980 und 1986 in ein innovatives Museum für die Kunst des ausgehenden 19. Jahrhunderts verwandelte. An das Centre Pompidou, dessen Musée National d’Art Moderne sie etwa zur gleichen Zeit ein gestalterisches Brush-Up verpasste. Oder an den Palacio Nacional de Montjuic in Barcelona, den sie zwischen 1985 und 1992 zum Museu Nacional d’Art de Catalunya umbaute.
Vor allem in den 1960er und 1970er Jahren allerdings war die vielseitig begabte Norditalienerin auch als Designerin tätig. Für Knoll entwarf sie 1975 ein heute als absoluter Klassiker empfundenes Ledersofa, für Zanotta ebenfalls zu dieser Zeit einen Glas-Esstisch auf Böcken. Auch Leuchten gestaltete sie immer wieder, meist unter Benutzung höchst ungewöhnlicher Formen. Ihre nicht nur vom Namen her an Fledermausflügel erinnernden „Pipistrello-Tischlampen“, entworfen 1965 für Martinelli Luce, gehören bis heute zu den Ikonen des italienischen Designs.
Schönster Jugendstil: Etagere
Ein schönes Beispiel für die Stilwende vom Historismus zum Jugendstil ist obenstehende Etagere. Ihre Form und ihre Ornamente sind zum Teil noch manieristischem Vokabular entlehnt, zum Teil aber auch schon in der fast lebendig wirkenden Dynamik des Jugendstil ausgeführt. Die intarsierten Landschaften verraten auch asiatische Einflüsse.
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