Im Blickpunkt am 22. März: Lenbach und Kaulbach
Bei den Gemälden richtet sich die Aufmerksamkeit auf Bilder zweier Münchner Maler des späten 19. Jahrhunderts, die beide auch prominente Vertreter der Künstlervereinigung Allotria sind: Friedrich August von Kaulbach (1850 – 1920) und Franz von Lenbach (1836 – 1904).
Friedrich August von Kaulbach: ein junges Gründungsmitglied
Die Allotria, 1873 gegründet, stand von Anfang an für eine Malerei, die sich vom Stil der arrivierten Münchner Künstler abwandte. Gegenüber den großen innovativen Strömungen des ausgehenden 19. Jahrhunderts – Symbolismus, Impressionismus, Naturalismus – blieb sie jedoch verhalten und hielt ihre Traditionsverbundenheit aufrecht. Friedrich August von Kaulbach gehörte, obwohl erst 23 und gerade erst dabei, sich in München als Maler zu etablieren, zu den Gründungsmitgliedern. Das Bild, das bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen vorliegt, entstand nur wenige Jahre später, 1879.
Kaulbachs Spezialität: Genreporträts junger Frauen
Da hatte sich der Sohn des Historienmalers Friedrich Kaulbach (1822 – 1903) und Großneffe des Historienmalers und Illustrators Wilhelm von Kaulbach (1804 – 1874) in der bayerischen Hauptstadt längst einen eigenen Namen gemacht. Seine Genreporträts in minutiös dargestellten historischen Kostümen waren bei der Münchner Gesellschaft überaus gefragt. Ab 1878 begann er sich allerdings anderen Sujets zuzuwenden, zeigte Menschen beim Zeitvertreib in Garten und Natur, die nicht selten auch die innere Stimmung der Dargestellten reflektiert. Auch das „Mädchen im Park“ sitzt, in Gedanken versunken und etwas melancholisch auf einer Bank in einem schattigen, doch von aufblitzenden Sonnenstrahlen durchzogenen Hain. Das Bild wird mit einem Schätzpreis von 10.000 Euro aufgerufen.
Lenbach: Der Blick fürs Wesentliche
Aus dem Jahr 1902 stammt ein in Öl auf Karton gemaltes Porträt eines weiteren Münchner Malerfürsten und Allotria-Mitgliedes, Franz von Lenbach (1836 – 1904). „Er besitzt den durchdringenden Blick für das Wesen der Persönlichkeit, das sich für andere Augen in den Gesichtszügen des Menschen fast ebenso häufig verbirgt wie offenbart“, schrieb der Kunstschriftsteller und Lenbach-Zeitgenosse Ludwig Pietsch. Diese Kunst zeigt sich auch im vorliegenden, auf Karton gemalten Porträt von Lily von Merck (siehe ganz oben). Die Kleidung ist in der Rückansicht fast aufs Skizzenhafte reduziert, das kunstvoll aufgetürmte rote Haar und auch das im Profil gezeigte Gesicht jedoch ausdrucks- und charakterstark und so lebensvoll, als wäre die Dargestellte in einer völlig spontanen Bewegung erfasst. Das Gemälde ist auf 5.000 Euro taxiert.
Liebe und Hingabe
Auch bei einem in Öl auf Karton gemalten Doppelporträt Lenbachs von “Mutter und Kind” (Schätzpreis 3.200 Euro) ist das Kleidchen des Mädchens, vor allem aber Kleidung und Hut der Mutter, nur angedeutet. Der ganze Fokus ist auf die Gesichter, vor allem auf das des Mädchens gerichtet. Während die Mutter voller Liebe und Hingabe auf die Tochter blickt, hat sich diese abgewendet und beweist mit ihrer Gestik, vor allem aber mit ihrem klar nach vorne gerichteten Blick und dem schmalen, entschlossenen Mund einen ausgeprägten eigenen Willen, der durch das wilde Spiel ihrer rotbraunen Locken noch unterstrichen wird.
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