Die besten Lose des Jahres
Tibetische Gottheiten, ein Corpus-Christi aus Elfenbein, eine venezianische Madonna und ein Puppenhaus: Das Auktionsjahr 2024 war ebenso vielfältig wie ereignisreich. Hier kommen unsere zehn spannendsten Lose.
1. Skulpturen: Ein Corpus Christi aus dem Umkreis von Georg Petel
Ein Elfenbein-Christus, der das ganze Leiden der Kreuzigung wiedergab,erzielte bei der September-Auktion 28.000 Euro* und war damit die bestverkaufteste Skulptur des Auktionsjahres 2024 (oben).
Der Corpus Christi stammt aus dem Umkreis des in Augsburg tätigen Bildhauers Georg Petel (1601/02 – 1634). Die südbayerischen Künstler rund um den unter anderem mit Peter Paul Rubens befreundeten Petel waren die erste Bildhauergeneration, die die Vorgaben des Tridentinischen Konzils (1563 – 1565) wirklich umsetzten. Das bedeutete, bei Darstellungen des gekreuzigten Christus den Fokus nicht mehr auf den nachfolgenden Triumph über den Tod zu legen, sondern vor allem Schmerz und Leid in den Mittelpunkt zu rücken
Als Vorbild im Ausdruck, auch für die vorliegende, im unter anderem von Petel geprägten „Drei-Nagel-Typus“ gestaltete Figur diente die 1506 wiederentdeckte und in der Kunst des frühen Barock vielfach zitierte, antike Laokoon-Gruppe. Sie klingt in dem bei SCHEUBLEIN versteigerten Objekt sowohl im sich aufwölbenden Oberkörper als auch in der nach links geneigten Kopfhaltung an. Nach einem langen und intensiven Bietergefecht ging die Elfenbeinskulptur in den Kunsthandel.
2. Asiatika: Eine achtarmige Göttin
Die letzte Auktion des Jahres 2024 hatte ein alles überstrahlendes Thema: eine private Sammlung mit 63 überwiegend religiösen Objekten aus dem sinotibetischen Raum. Der Schwerpunkt der darin enthaltenen Buddha- und Götterstatuen ging auf die Zeit des 17. bis 19. Jahrhunderts zurück und fußte in der Bilderwelt des tibetischen Buddhismus, für die auch die animistisch-polytheistische Naturreligion Bön eine große Rolle spielte.
Dieser Reichtum war auch in der vorliegenden Sammlung greifbar und rief in der Auktion zahlreiche versierte Sammler auf den Plan, die sich intensivste Bietergefechte lieferten. Zum Spitzenlos der gesamten Auktion vom 28. November, aber auch zum Jahrestoplos im Bereich Asiatika entwickelte sich eine Bronzestatue der achtarmigen Göttin Usnisavijaya. Sie kletterte bis auf 43.000 Euro*.
3. Varia: Ein Schrank mit einem Puppenhaus
Ein Puppenhaus in Schrankform war mit einem Zuschlag von 21.600 Euro* das Jahres-Toplos bei den Varia. Der zwei Meter hohe, wohl um 1900 entstandene Schrank bot auf vier Etagen alles, was ein kleines Mädchen aus großbürgerlichem Hause brauchte, um die Führung eines standesgemäßen Haushalts spielerisch einzuüben: Ganz unten eine großzügige Terrasse, auf der sich die Puppenfamilie an Schönwettertagen aufhalten konnte. Eine Etage mit Küche, Esszimmer und einem Wohnzimmer eher zur privaten Benutzung. Eine Beletage mit einer Raumflucht, durch die die Gäste flanieren konnten, wenn die Dame des Hauses zum gelehrigen Salon lud. Und ein Obergeschoss mit Schlafzimmern und einem detailreich ausgestatteten Vorratsspeicher.
Das auch von außen wie ein Haus gestaltete historische Spielobjekt ging nach langem Bietergefecht am 28. Juni an einen Käufer aus dem musealen Bereich.
4. Kunst nach 1945: Eine Kugel von Arnaldo Pomodoro
Eine minutiöse, im Durchmesser gerade einmal 14 Zentimeter messende Pretiose entwickelte sich zum Spitzenlos der Auktion vom 24. März und zum Jahres-Topobjekt bei der Kunst nach 1945.
Sie stammt aus der Hand des Italieners Arnaldo Pomodoro (*1926), der eigentlich vor allem für monumentale Kugelskulpturen berühmt ist, deren Ausstrahlung in New York, Dublin oder Rom ganze Plätze prägt. Seine kleine, bei SCHEUBLEIN versteigerte „Sfera“ aus vergoldeter Bronze stand ihren großen „Schwestern“ an Strahlkraft und Spannungsreichtum jedoch kaum nach; zugleich zeigt sie auch die Vielseitigkeit des Mailänder Künstlers.
Denn aufgrund seiner vielfältigen beruflichen Ausrichtungen – zu Beginn seiner Karriere war er als Bühnenbildner, aber auch als Goldschmied tätig – beherrscht Pomodoro sowohl das sehr große wie auch das Miniaturformat meisterhaft, was auch am detailreich gestalteten Innenleben der vorliegenden „Sfera“ deutlich wird. Nach einem überaus intensiven Bietergefecht mit Beteiligten im Saal, am Telefon und im Internet wurde die vergoldete Bronze für über 22.000 Euro* zugeschlagen.
5. Alte Meister: Eine venezianische Madonna
Eine vermutlich auf das 15. Jahrhundert zurückgehende, venezianische Madonna mit Kind wurde, aufs Jahr gesehen, zum Toplos bei den Alten Meistern. Deutlich zu erkennen war auf dem Gemälde sowohl die Übergangssituation von der mittelalterlichen Kunstauffassung zur Renaissance – der Körper des Christuskinds ist bereits plastisch und lebensnah durchgebildet, Hände und Antlitz der Madonna noch flächig und schematisch dargestellt – wie auch das Verschmelzen abendländischer und byzantinischer Malerei: Der gesamte Bildaufbau erinnert an eine Ikone. Die Figurengestaltung und auch das Ersetzen eines rein goldenen Hintergrunds durch eine an ein golddurchwirktes Textil erinnernde Fläche aber entspringt eher westlichen Kunsttraditionen. Für 20.300 Euro* ging das in Öl auf Holz gemalte Bild bei der Juni-Auktion in den internationalen Kunsthandel.
6. Alte Skulpturen: Eine Mondsichel-Madonna
Ein Highlight des gesamten Auktionsjahres markierten neun hochkarätige Holzskulpturen aus einer privaten Sammlung. Die dies- und jenseits der Alpen an der Schwelle zur Neuzeit entstandenen Plastiken wurden im September angeboten.
Den besten Preis unter ihnen erzielte eine ausnehmend schöne, auf 1490/1500 datierte Mondsichelmadonna aus Süddeutschland, deren figürliche Gestaltung noch deutlich vom für die Hochgotik typischen S-Schwung geprägt ist. Sie kletterte bis auf 17.800 Euro* und ging in den Kunsthandel.
7. Silber: Ein Humpen mit Putten
Ein großer Augsburger Deckelhumpen aus der Mitte des 17. Jahrhunderts sorgte gleich zu Beginn der Märzauktion für Furore.
Der Krug mit reich reliefiertem Puttendekor wurden zwischen 1651 und 1654, also unmittelbar nach dem Dreißigjährigen Krieg, von Tilemann Bornmann gefertigt. 18.400 Euro* ließ sich ein Bieter aus dem internationalen Kunsthandel das Stück kosten, das zum Jahres-Spitzenlos in der Kategorie Silber avancierte.
8. Graphik: Eine Bauerndarstellung von Max Liebermann
Das Jahreshighlight bei der Graphik stammt aus der dem Realismus verpflichteten Schaffensphase von Max Liebermann (1847 – 1935). Das stark querformatige Bild ist für das Schaffen des berühmten Berliner Malers in der Zeit zwischen 1870 und 1895 ist dieses Bild durchaus typisch: Liebermann beschäftigte sich in diesem Zeitraum intensivst mit auf dem Land arbeitenden Menschen. Bevorzugt zeigte er sie, wie auch hier, in einer flachen, unstrukturierten Landschaft, wie sie für die Niederlande typisch ist.
Solche in Pastell und Aquarell rasch festgehaltenen Momentaufnahmen eines Eindrucks oder einer Tätigkeit nutzte der in Berlin lebende Maler gerne, um sich die vor Ort gewonnenen Impressionen im Atelier frisch zu halten, wenn er zentrale Motive und die Bildorganisation großformatiger Werke festlegte. Für knapp 18.000 Euro* wude die Graphik von einem privaten Liebhaber ersteigert.
9. Gemälde: Eine Campagna-Ansicht von Carl Rottmann
Die Weiten der Campagna, die buchtenreichen Küsten Siziliens oder die lieblichen Hügel rund um Tivoli: Die Art und Weise, wie Carl Rottmann (1797 – 1850) diese Gegenden wiederzugeben vermochte, begeisterten den Italien liebenden König Ludwig I. so sehr, dass er ihn 1833 beauftragte, die Arkaden des Münchner Hofgartens nicht etwa mit noblen Historien zu schmücken, sondern mit bis dahin als künstlerisch nachrangig geltenden Landschaften.
Zuvor hatte der Monarch den jungen Maler auf eine ausgedehnte Italienreise geschickt, auf der auch das vorliegende, in Öl auf Papier auf Leinwand gemalte Bild „Aquädukt in der Campagna“ entstanden ist. In der Auktion am 28. November angeboten, kletterte das kleinformatige Gemälde bis auf 15.200 Euro*; es entwickelte sich so auch zum am besten verkauften Gemälde des Auktionsjahrs 2024
10. Schmuck: Ein historisches Armband
Beim Schmuck stand ein ungewöhnliches, historisches Armband 2024 besonders hoch in der Bietergunst: Blickpunkt des im 18. und 19. Jahrhundert mit Kettensträngen in Bicolor-Optik gearbeiteten Stücks ist ein abschraubbares Mittelteil mit Diamantrosen und Altschliffdiamanten. Sie rahmen eine zentrale, flachgeschliffene Diamantplatte, die das Fragment einer Gouache bedeckt. Für knapp 18.000 Euro* ging der besondere Armschmuck am 28. November ins europäische Ausland.
* alle Preisangaben inkl. 27 % Aufgeld.
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