Septemberauktion: Heiligenfiguren um 1500 – Zeitenwende in Holz
Im Blickpunkt bei den Skulpturen stehen neun überaus hochkarätige Heiligendarstellungen aus einer privaten Sammlung. Sie entstanden zwischen 1400 und 1520 diesseits und jenseits der Alpen und geben einen guten Einblick in die Entwicklung der plastischen Kunst an der Schwelle zur Neuzeit.
Auf dem Weg zur Renaissance: Ein italienischer Johannes der Täufer
Die norditalienische, knapp 140 cm hohe Figur Johannes des Täufers (Schätzpreis 10.000 Euro) entstand etwa zwischen 1480 und 1500. Die anatomisch präzise Darstellung von Gesicht und Oberkörper sowie des Lammes auf seinem Arm, aber auch die Ausarbeitung der Gewandfalten und seines Fellkleids weisen bereits deutlich in die Renaissance.
Seine noch nicht eindeutig ins Kontrapost gerückte Haltung dagegen lässt noch die Körperauffassung des späten Mittelalters nachhallen.
Eine anmutige Mondsichelmadonna
Ungefähr aus der gleichen Zeit stammt eine anmutige, süddeutsche Mondsichelmadonna (Schätzpreis 6.000 Euro), die noch deutlicher vom für die Hochgotik typischen S-Schwung geprägt ist.
Dem Jesuskind allerdings ist anzumerken, dass sich auch dieser Bildhauer bereits mit anatomischen Zusammenhängen beschäftigte.
Zwei Heilige mit spannender Geschichte
Zu den ältesten Objekten der Sammlung gehören zwei böhmische Figuren der beiden Apostel Petrus und Paulus von etwa 1400 bis 1430 (Schätzpreis 8.000 Euro), mit ihren Attributen jeweils auf einem Felssockel dargestellt. Der Kunsthistoriker Robert Suckale stellt die Skulpturen mit typisch böhmischen Gewandmustern aus der Zeit um 1400 in einen spannenden religionsgeschichtlichen Kontext: Die Art, wie beide das ihnen beigegebene Buch halten – nicht mit bloßen Händen, sondern mit den Falten ihres Gewandes –, erinnert an die Art und Weise, wie Priester das Allerheiligste berühren.
Aus diesen und weiteren Details schließt Suckale auf eine generelle Auffassung, „die romtreu sein will, ohne romhörig zu sein, die in der schlichten Gewandung frühchristliche Einfachheit anstrebt und die das Predigtamt betont. Diese Auffassung entspricht dem Reformstreben der Zeit um 1430, wie es sich einerseits in den Konzilien von Konstanz (1414 – 1418) und Basel (1431 – 1439) niederschlägt, andererseits in der Auseinandersetzung mit den Hussiten.“
Ikonographischer Sonderfall: eine Anna Selbdritt von 1520
Eine weitere ikonographische Besonderheit weist eine schwäbische Anna Selbdritt von etwa 1520 dar (Schätzpreis 7.000 Euro): Die ungewöhnlich geschlossen komponierte Figurengruppe zeigt ein Zwischenstadium zwischen der Darstellungsweise des Mittelalters, in der Maria nicht größer gezeigt wurde als das Christuskind, und neuzeitlichen Ansätzen, in denen Maria genauso groß ist wie ihre Mutter Anna.
Bei der vorliegenden Plastik hat Maria zwar bereits den Körper einer Erwachsenen, ist aber dennoch deutlich kleiner als Anna und reicht ihrem als Kleinkind abgebildeten Sohn einen Apfel.
Madonnen, Heilige – und zwei Reliefs
Die Geste des Apfel-Reichens findet sich auch in einer Thronenden Madonna von etwa 1400/1440 (Schätzpreis 2.000 Euro).
Die ausdrucksstarken Darstellungen der Heiligen Margarethe, Katharina (Schätzpreise jeweils 4.000 Euro) und Wolfgang (Schätzpreis 1.200 Euro) geben einen Einblick in die Stilistik süddeutschen Skulpturenschaffens um 1500.
Zwei Reliefschnitzereien mit Heiligen- oder Stifterfiguren (Schätzpreis 3.000 Euro), entstanden im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts in Süddeutschland oder im Alpenraum, runden die eindrucksvolle Auswahl ab.
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