Highlights der 44. Kunstauktion: Lebenskünstler von Spitzweg und Grützner
Zu den Toplosen bei den Gemälden des 19. und frühen 20. Jahrhunderts gehören in der Auktion am 29. März auch Gemälde zweier prominenter Vertreter der Münchner Schule: Carl Spitzweg (1808 -1885 ) und Eduard von Grützner (1846 -1925). Auf den ersten Blick lassen sich zwischen den beiden Malern kaum Gemeinsamkeiten erkennen. Tatsächlich aber verbindet sie, neben einer über Jahre gepflegten Freundschaft, auch eine sehr ähnliche Sujetwahl, die sich auch bei den beiden in der Frühjahrsauktion aufgerufenen Bildern ablesen lässt: Einem „fidelen Landsknecht“ aus der Hand Grützners (Schätzpreis 12.000 Euro) und der Ölskizze „Auf der Bastei“ von Carl Spitzweg (Schätzpreis 8.000 Euro).
Beide Maler fanden ihre Motive bei den biedermeierlichen Käuzen und Tagedieben, pflichtvergessenen Soldaten und Kirchenmännern.
Grützner: Mönche, die die Welt vergessen
Grützner hatte sich seit seiner Akademiezeit vor allem auf letztere spezialisiert: Mönche, die sich in Weinkellern oder Speisekammern etwas zu intensiv den irdischen Genüssen hingeben, blieben Zeit seines Lebens ein stets wiederholtes, von den Kunden unablässig nachgefragtes Motiv. Besonders in der Spätphase seines Schaffens weitete Grützner seinen Motivkreis aber auch auf weltliche Genießer wie Shakespeares Dramenfigur Falstaff oder auch vorliegenden Landsknecht aus.
Spitzweg: Eigenbrötler und Sonderlinge
Im Vergleich zu Grützner stützte sich Spitzweg auf ein wesentlich breiteres Repertoire an Eigenbrötlern und Sonderlingen. Soldaten, die vor allem beim Rauchen oder Stricken ihre Pflichten vergessen, tauchen in seinem breiten Werk immer wieder auf. Johann Schlick hat in seinem Beitrag zum Katalog der Ausstellung „Carl Spitzweg und sein Münchner Malerkreis“ in der Kunsthalle Kiel nicht nur Unterschiede, sondern auch verblüffende Gemeinsamkeiten zwischen der Darstellungsweise beider Maler herausgearbeitet:
Helden von extremer Einseitigkeit
„Beide bevorzugen Helden von extremer Einseitigkeit“, schreibt Schlick. Allerdings hätten die Personen bei Spitzweg, obwohl sie das Bildthema bestimmen, eher den Charakter von Staffage-Figuren. Die in den Bildern angelegte Situation steuert oftmals auf eine Pointe zu, die mittels gezielt platzierter Requisiten wie Liebesbriefen, Kakteen oder einer in der Ferne aufsteigenden Rauchsäule angedeutet wird.
Bei Grützner dagegen sind die Personen die absoluten Hauptakteure; alle benutzten Requisiten dienen zu ihrer intensiveren Kennzeichnung. Trotzdem sind auch seine Figuren ausschließlich auf ihren Stand oder ihren Beruf hin typisiert.
Humoristisch und anekdotisch
„Weder bei Spitzweg noch bei Grützner zielt die Darstellung von Personen auf das Individuelle oder gar Innermenschliche hin“, analysiert Johann Schlick. „Vielmehr zielen beide Maler, jeder auf seine Weise, auf das Humoristische hin.“ Dies ist nicht nur ein weiteres verbindendes Element zwischen Spitzweg und Grützner, es macht sie, bei all ihrer individuellen künstlerischen Qualität auch zu typischen Vertretern der generell zum Anekdotischen neigenden Münchner Genremalerei.
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