Im Blickpunkt am 19. März: Altmeister-Gemälde niederländischer Maler
Gemälde und Graphik aus der Hand alter Meister bilden einen Schwerpunkt bei der Auktion am 19. März. auch das Spitzenlos der Auktion stammt aus der Kategorie Altmeister. Das oben gezeigte Bild (Öl auf Kupfer, 38,5 x 52 cm) ist sowohl im Hinblick sowohl auf seine Motivwahl wie auch auf seine Stilistik bemerkenswert.
Gezeigt ist eine Szene, die vor allem in die Kunst Italiens des 15. bis 17. Jahrhunderts Eingang fand: Die mystische Vermählung der Heiligen Katharina. Der Maler allerdings ist ein Niederländer, Denys Calvaert (1540 – 1619).
Denys Calvaert: Ein Niederländer in Bologna
Der gebürtige Antwerpener ging, nachdem er in seiner Heimat Landschaftsmalerei studiert hatte, nach Bologna und Rom. Dort arbeitete er mit namhaften italienischen Meistern zusammen, beschäftigte sich intensiv mit dem Werk Raphaels und gründete schließlich in Bologna eine eigene Schule, in der unter anderem Guido Reni und Domenichino ihre Ausbildung begannen.
Vom flämischen zum italienischen Stil
Calvaert selbst legte nach und nach jegliche flämischen Prägungen ab und näherte sich einer rein italienischen Stilistik an. Auch seine Motivwahl ist vom Kanon der italienischen Kunst geprägt. Dies lässt sich auch an vorliegendem Werk ablesen: Katharina hatte eine Vision, in der sie sich mit dem Jesusknaben vermählt.
Calvaert zeigt das Geschehen als festliche und zugleich sehr persönliche Szene: Wirklich zugegen sind nur Katharina von Siena, die Mutter Gottes und das Christuskind sowie ein Orchester von Engeln.
“Geschlossene Gesellschaft” aus Akteuren und Betrachter
Neugierigen, die das Heilige Geschehen beobachten wollen, nimmt ein weiterer Engel mit einem großen Tuch die Sicht.
Das von warmen, teils pastelligen Farbnoten geprägte, prachtvolle Gemälde wird zum Schätzpreis von 15.000 Euro angeboten.
Galantes Paar von Vinckboons
Ein „Galantes Paar vor einem Spiegel“ aus der Hand von – (1576 – 1632) wird mit 8.000 Euro aufgerufen.
Im Blickpunkt am 19. März: Joan Mirós “Tête flèche”
„Die Radierung ist für mich ein wichtiges Ausdrucksmittel. Sie war ein Mittel zur Selbstbefreiung, Erweiterung und Entdeckung, selbst wenn ich zu Beginn Gefangener ihrer Einschränkungen, (…) ihrer Werkzeuge und ihrer von der Tradition abhängigen Rezepte war. Ich musste ihr widerstehen, sie überflügeln. Ein unermessliches Feld von Möglichkeiten bot sich nun meinem Blick und meiner Hand dar“, schreibt Joan Miró Anfang der 1950er Jahre.
Mirós Lebenstraum
Tatsächlich entdeckte der katalanische Surrealist (1893 – 1983) Druckgraphik erst relativ spät als künstlerisches Ausdrucksmittel, nicht zuletzt, um sich durch die mit dem Verkauf graphischer Blätter erzielbaren Einnahmen einen Lebenstraum zu erfüllen: Ein Atelier, das groß genug war, um mehrere Leinwände gleichzeitig aufzustellen, um auch einen Bereich für keramische Arbeiten einzurichten und eine Druckerpresse zu installieren.
Fruchtbares Spätwerk
1956 wurde dieser Wunsch mit seiner Villa auf Mallorca Wirklichkeit. Doch auch zur immensen Popularität von Mirós Werk trug das vor allem nach dem zweiten Weltkrieg entstandene, umfassende und bedeutende graphische Werk maßgeblich bei. Die durch das neue Atelier ungewohnt freizügigen Arbeitsmöglichkeiten führten zu einem immens vielschichtigen und fruchtbaren Spätwerk gerade auch im Verlauf der 1960er Jahre, das Miròs markante Formensprache mit zeitgenössischen Tendenzen der Kunst verbindet.
Der “Tête flèche”
Das vorliegende Blatt „Tête flèche“ („Pfeil-Kopf“) von 1968 ist ein sehr typisches Beispiels für diese Herangehensweise: Die Caborundum-Technik, in der der Hintergrund gearbeitet ist, ermöglicht es, zufallsbasierte Dripping-Effekte, wie sie Mirò bei den abstrakten Expressionisten beobachtete, auch in das Medium der Graphik zu übertragen. Über diesen Fond legt sich die fast kalligraphisch anmutende Formen-Komposition. „Formen realisieren sich, während ich arbeite“, schreibt Miró. „Mit anderen Worten: Ich plane nicht, etwas Bestimmtes darzustellen, sondern ich beginne. Und während ich arbeite, kommt das Bild zum Ausdruck beziehungsweise es drängt sich mir (…) auf.“
Phantasie und spontane Eindrücke
Sein Form-Vokabular, so der Kunsthistoriker Achim Sommer, deutet Miró mit jeder neuen Ausgangssituation anders, die Einsatzmöglichkeiten von Formen öffnen sich; deren Bedeutung wird oft nur vom jeweiligen Kontext determiniert. Auch der Betrachter auch des vorliegenden „Tête flèche“ ist seiner Phantasie und seinen spontanen Eindrücken überlassen; keine festgeschriebene Interpretation engt ihn bei der Beschäftigung mit dieser spannungsreichen Komposition ein. Das Blatt wird zu einem Schätzpreis von 6.000 Euro angeboten.
Im Blickpunkt am 19. März: Frühe Hinterglaskunst aus Venetien-Tirol
Zu den Highlights der Frühjahrsauktion gehört, neben altmeisterlichen Gemälden und Graphik, Schmuck aus der Hand des Münchner Juweliers Hanns Rothmüller oder Weinen aus Bordeaux und Burgund auch eine außergewöhnliche Privatsammlung mit Hinterglaskunst. Elf Objekte daraus gehen bis auf die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts zurück und entstanden im Großraum Venetien-Tirol. Sie gewähren nicht nur einen Einblick in die frühe Geschichte der Hinterglasmalerei, sondern auch in die Art und Weise, wie sich Gemälde zu Zeiten der Renaissance verbreiteten.
Die technische Grundlage: Flaches Glas
Der Grund, warum die Hinterglaskunst gerade im Großraum Venetien-Tirol eine frühe Blüte erlebte, liegt zum einen an damals bedeutenden Zentren der Glasproduktion – auf Murano natürlich, aber auch in Innsbruck und Hall. Dort sind ab 1534 ebenfalls kunstfertige Glashütten nachgewiesen, die nicht nur das Anfertigen von Hohlglas mittels Blasrohr, sondern auch von flachen, auf einem Eisenrahmen ausgestrichenen Glastafeln beherrschten.
Wie die Hinterglaskunst nach Venetien-Tirol kam
Zum anderen führten zahlreiche Handelswege von Italien durch diese Region hinweg nach Norden. Durch sie fanden Stiche, die Experten wie Marcantonio Raimondi (1475 – 1534) von Werken der großen Renaissance-Meister anfertigten, rasch Verbreitung. Alle elf Werke, die aus dieser Epoche in der vorliegenden Sammlung enthalten sind, zeigen auf, wie genau die Hinterglaskünstler diese Stichvorlagen studierten.
Faltenwürfe und liebliche Landschaften
Die „Madonna della Palma“ nach einem Raimondi-Druck zu einem Gemälde Raphaels (Schätzpreis 1.800 Euro) zeigt nicht nur die Szene mit Maria, Elisabeth, dem Christus- und dem Johannesknaben mit sorgfältigst gearbeiteten Faltenwürfen und plastisch durchgebildeten Körpern; auch die typische Landschaft mit Städtchen im Hintergrund hat der Maler detailreich gestaltet.
Rundbögen und Zentralperspektive
Ein Bild der Heiligen Giustina (Schätzpreis 1.800 Euro) übernimmt ein typisches Architekturmotiv der Frührenaissance, den säulengetragenen Rundbogen, und wendet bei der Gestaltung des Fliesenbodens auch die Gesetze der Zentralperspektive an.
Stimmung und Texturen
Ein „Kalvarienberg“ (Schätzpreis 1.800) glänzt nicht nur durch Églomisé und strahlende Farben, sondern auch durch eine sorgfältig gearbeitete Wolkenstimmung. Und eine Kusstafel mit der „Beweinung Christi“ (Schätzpreis 1.500 Euro) lässt an Kreuzesbalken und Marmorsarkophag sogar das Bemühen um eine in der Hinterglastechnik höchst schwierig wiederzugebende Materialtextur erkennen.
Neben den insgesamt zwölf auf gestrichenem Glas gemalten Objekten aus dem 16. Jahrhundert weist die Sammlung noch über zwanzig Bilder vor allem aus dem 18. Jahrhundert auf, die in Italien und in den Hinterglas-Zentren Süddeutschlands entstanden.
Im Blickpunkt am 5. Februar: Spielzeug-Modelle und eine Viola da Gamba
Eine Besonderheit im Angebot der Februar-Fundgrube-Auktion 2021 ist eine spannende Auswahl an Schiffs- und Spielzeug-Modellen. In Qualität und Schätzpreis besonders herausragend sind darin drei fast 60 Zentimeter hohe Schiffsmodelle.
Schiffsmodelle, per Hand gebaut
Alle drei repräsentieren berühmte Segler: Christoph Kolumbus‘ Flaggschiff, die Nao Santa Maria, einer Hansekogge sowie die 1674 für die Kurbrandenburgische Marine gebauten Fregatte Berlin (oben). Letztgenanntes Baukastenmodell im Maßstab 1:50 entstand nach Plänen der im Modellbau-Bereich legendären, in Kirchheim/Teck ansässigen Firma Graupner.
Die Schiffe sind mit Schätzpreisen von 700 Euro (Kogge, Santa Maria) bzw. 800 Euro (Fregatte „Berlin“) angesetzt.
“Auf der grünen Wiese steht ein Karussell”
Auch ein ehemaliger Traum kleiner Mädchen und Jungen wird am 5. Februar mit einer Taxe von 150 Euro aufgerufen:
Ein handbetriebenes Spielzeug-Karussell mit bunten Gondeln und Stühlen, aufwendig verziertem Sockel und einem Stoffbaldachin.
Wie die Welt der Motoren funktioniert
Ein weiteres Objekt durfte bis in die Nachkriegsjahre in keinem Knabenzimmer fehlen: Eine Dampfmaschine, anhand derer die Wirkung und Funktionsweise von Motoren studiert werden konnte. Das bei SCHEUBLEIN vorliegende Exemplar, wohl eine Märklin 4097/6, entstand vermutlich in den 1930er Jahren; es wird auf 80 Euro
geschätzt.
Ein neuer alter Klang
Es war ein absolutes Novum, für die Ohren der Konzertbesucher wie auch für die Musiker: In den 1960er Jahren wandelte sich die gängige Praxis, klassische Werke der Musikliteratur nach zeitgemäßen Vorstellungen zu interpretieren. Stattdessen begann eine Handvoll Dirigenten und Solisten zu rekonstruieren, wie die jeweiligen Werke wohl zur Zeit ihrer Entstehung geklungen haben mussten.
Ein wichtiger Bestandteil dieser Bemühungen waren nach dem Vorbild historischer Originale konstruierte Instrumente. Im Bereich der größeren Streichinstrumente war der Cellist und Gambist Heinrich Haferland einer der Pioniere dieser innovativen Praxis: In Zusammenarbeit mit der Instrumentenfirma Moeck entwickelte er ab 1968 die Rekonstruktion einer Viola da Gamba des „deutschen Stradivari“ Joachim Tielke (1641 – 1719). Diese Nachbauten wurden in einer kleinen Serie aufgelegt und nähern sich dem im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg aufbewahrten Original nicht nur im Klang an, sondern auch in den für Tielkes Werkstatt typischen, aufwendigen Zierelementen. SCHEUBLEIN Art & Auktionen freut sich, eines dieser Instrumente mit seinem mit Elfenbein-Marketerien geschmückten Griffbrett anbieten zu können. Der Schätzpreis liegt bei 2.000 Euro.
Im Blickpunkt am 5. Februar: Hinterglasbilder aus Oberammergau
Mit einer breiten Auswahl feiner Objekte auch für den kleinen Geldbeutel startet das Münchner Auktionshaus SCHEUBLEIN Art & Auktionen am 5. Februar um 13 Uhr in seine Versteigerungssaison für 2021. Besonders im Blickpunkt steht eine Passage mit Hinterglasbildern aus Oberammergau und weiteren Regionen. Das vielfältige Angebot dieser Fundgrube-Auktion erstreckt sich aber quer über alle gängigen Kategorien, von Silber und Schmuck über Porzellan und Möbel bis hin zu Graphik und Gemälden. Weitere besondere Highlights fallen diesmal sogar etwas aus dem Rahmen: Modellschiffe und eine Dampfmaschine sowie ein historisch getreuer Nachbau einer kostbaren Viola da Gamba. Ein gesonderter Beitrag hierzu folgt in Kürze.
Hinterglasbilder aus Oberammergau
Doch zunächst zu den Hinterglasbildern: Den Kern der Passage markiert eine 16 Objekte umfassende Privatsammlung mit Hinterglaskunst aus Oberammergau und aus dem Staffelseegebiet. In beiden an den Handelswegen zwischen Augsburg und den Alpen gelegenen Regionen hatte sich dieses Kunsthandwerk im 18. Jahrhundert zu einem blühenden Hausgewerbe entwickelt. Dessen Erzeugnisse wurden nicht nur im süddeutschen Sprachraum, sondern über ganz Europa hinweg und sogar nach Amerika verkauft. Diese stetig steigende Nachfrage nach Hinterglasgemälden führte seit der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert zur Entwicklung neuer, flächigerer und damit zügiger fertigstellbarer Bildtypen.
“Ammergauer Taferl”
Ein besonders markantes Beispiel für diesen Wandel sind die vor allem für Oberammergau typischen Kartuschbilder mit Blumendekor, die „Ammergauer Taferl“. Die bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen vorliegende Sammlung umfasst allein sieben solcher Taferl: Die beiden kostbarsten daraus zeigen, umrahmt von bunten Blüten, Christi Geburt und die Anbetung der Heiligen Drei Könige. Sie werden mit einem Schätzpreis von je 550 Euro aufgerufen.
Ein weiteres der Hinterglasbilder aus Oberammergau stellt den Heiligen Martin dar.
Von Staffelsee bis Schwarzwald
Aus der Staffelseeregion stammen Arbeiten mit der Fußwaschung und dem Abendmahl, die auf je 450 Euro geschätzt sind.
Auf 800 Euro taxiert wird eine Gruppe von vier Hinterglasporträts, die die vier Jahreszeiten versinnbildlichen. Sie entstanden im 19. Jahrhundert im Schwarzwald oder im Elsass.
Besonderheiten bei der Februar-Auktion
Das Bieten bei der Auktion wird aufgrund der derzeitig geltenden Maßgaben nur schriftlich, telefonisch sowie online über lot-tissimo.com möglich sein. Auch die Vorbesichtigung der Objekte ist diesmal leider nur online möglich.
Im Blickpunkt der Novemberauktion (IV): Eine Sammlung an Hinterglasbildern und ein modernes Gemälde
In die Welt des Berliner Sammlers Gerhard Stade (1907 – 1973) entführt eine Passage mit vierzig Hinterglasbildern sowie ein 1971 entstandenes Gemälde des Künstlers Matthias Koeppel (*1937) . Der als Ingenieur tätige Stade entdeckte seine Leidenschaft für Kunst, und vor allem für Hinterglaskunst während einer Reise in die Tschechoslowakei zur Zeit des deutschen Wirtschaftswunders. Rasch war sein Interesse geweckt – nicht nur an Arbeiten, die im 19. Jahrhundert in der bayerische-böhmischen Grenzregion entstanden waren, sondern auch an Hinterglasbildern aus anderen Zentren dieser Volkskunst. Vor allem in den 1950er Jahren trug Stade eine umfassende Sammlung zusammen, die die Entwicklung der Hinterglasmalerei im Süddeutschen Raum während des 18. und 19. Jahrhunderts spiegelt.
Hinterglasbilder aus Augsburg und vom Staffelsee
Die ältesten Arbeiten aus Augsburg, dem Staffelseegebiet oder Tirol stammen allesamt aus malerhandwerklicher Fertigung: Ein einzelner Maler arbeitete mit großer Sorgfalt und Detailfreude an seinem Motiv.
Gerade Hinterglasbildern aus Augsburg oder auch der direkt an den Augsburger Handelswegen gelegenen Staffelseeregion orientierten sich meist an Stichen nach altmeisterlichen Gemälden.
Wandschmuck des Biedermeier
Im Lauf des 19. Jahrhunderts wurden Hinterglasbilder zunehmend als Wandschmuck in den Biedermeierlichen Bürgerstuben populär. Entsprechend setzte, vor allem in den Zentren im Bayerischen Wald, eine fast schon serielle, sogenannte hüttengewerbliche Fertigung von Hinterglasbildern ein. Verschiedene Arbeitsschritte verteilten sich auf mehrere Personen – vom Risszeichner bis zum Farbenreiber oder Rahmenmacher .
Hinterglas-Sammlung von Museums-Qualität
Der Querschnitt, den die Sammlung Stade zur Volkskunstform der süddeutschen Hinterglasmalerei bietet, ist so prägnant, dass sie über zwanzig Jahre als Leihgabe beim Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg verweilte. Dort wurde er auch von einer Volkskundlerin inventarisiert. SCHEUBLEIN Art & Auktionen freut sich, nun über vierzig Objekte aus diesem Bestand anbieten zu können.
Ein zeitgenössisches Auftragswerk
Eine ganz andere Facette der Sammlertätigkeit Stades beleuchtet das Gemälde “Glück” aus der Hand des zu dieser Zeit ungewöhnlich gegenständlichen Malers Matthias Koeppel (Schätzpreis 1.200 Euro). Für dessen politischen, gerne auch satirischen Ansatz ist das 1971 als Auftragswerk der Familie Stade entstandene Bild ein gutes Beispiel: Im Vordergrund ist eine junge nackte Frau gezeigt, die lustvoll einen Entsafter im Arm hält. Im Hintergrund sieht ein älterer Mann fern. Dieser Herr war dem TV-Publikum der damaligen Zeit kein Unbekannter: Der Journalist Werner Höfer (1913 – 1997) moderierte seit 1952 den „Internationalen Frühschoppen“, eine Journalisten-Talkrunde zu politischen Themen, die 1971 längst zu einer wahren TV-Institution geworden war.
Matthias Koeppel: Ein politischer Maler
Erst 1987, als der Spiegel Details über einen regimefreundliche Zeitungskommentare Höfers zu Hinrichtungen während der NS-Diktatur veröffentlichte, wurde der „Frühschoppen“ als Sendeformat abgesetzt. Ob Matthias Koeppel bereits zuvor Kenntnis von Höfers Vergangenheit bei einem breiten Kreis von NS-Medien hatte, ist nicht bekannt. Fakt ist allerdings, dass er sich über sein ganzes Künstlerleben hinweg politisch äußerte. So setzte er sich seit den 1970er Jahren in seinen Bildern kontinuierlich mit der Berliner Mauer auseinander und gilt als künstlerischer Chronist des Mauerfalls.
Auch was die Anerkennung der figürlichen Malerei auf dem Kunstmarkt der 1970er Jahre betraf, war er ein nimmermüder Kämpfer: Mit Johannes Grützke, Manfred Bluth und Karlheinz Ziegler gründete er 1973 die „Schule der Neuen Prächtigkeit“, die sich gegenständliche Motive in ironischer Brechung auf die Fahnen geschrieben hatte – einer Richtung, die Koeppel bis heute treu geblieben ist.
Im Blickpunkt der Novemberauktion (III): Eine Spitzweg-Landschaft
Wer Spitzweg hört, denkt an humorvolle Genrebilder, feinsinnige Pointenbilder oder augenzwinkernde Beobachtungen zum Zeitgeist der Biedermeier-Ära. Dass der Autodidakt Carl Spitzweg (1808 – 1885) darüber hinaus auch ein meisterlicher Landschaftsmaler war, lassen Werke wie „Der Sonntagsspaziergang“ oder „Der Institutsspaziergang“ zwar erahnen, wirklich wahrgenommen aber wird diese Facette im Werk des legendären Münchner Malers kaum. Dabei nimmt die Landschaftsmalerei, der 1860 enstandene „Institutsspaziergang“ deutet es bereits an, gerade in den späteren Jahren breiten Raum in Spitzwegs Schaffen ein.
Landschafts-Studien mit Eduard Schleich
Die Grundlage für dieses Interesse legte Spitzwegs Malerfreund Eduard Schleich d. Ä. (1812 – 1874), der in den 1840er Jahren zu einem Wegbereiter der Freilichtmalerei in Deutschland wurde und gemeinsam mit Carl Spitzweg ausgedehnte Ausflüge in die bayerischen Gebirge unternahm, um Naturstudien zu betreiben.
Constable, Bonington und die Schule von Barbizon
1851 reisten Schleich und Spitzweg gemeinsam nach London und Paris, wo Carl Spitzweg die Werke von John Constable und Richard Parkes Bonington sowie die Maler der Schule von Barbizon kennenlernte. Mit den Landschaftsmalern Diaz, Daubigny und Rousseau stand er danach über viele Jahre in Kontakt.
Spitzwegs meisterlicher Landschafts-Stil
Ihr Einfluss auf Landschaftsgemälde wie das bei SCHEUBLEIN vorliegende, zum Schätzpreis von 28.000 Euro angebotene Werk ist deutlich spürbar. „Flächiger Farbauftrag als Grundstruktur, Akzente reiner Farben, Ton-in-Ton gehaltene Atmosphäre, hell leuchtende Lichtgestaltung, unterbrochener Pinselstrich und skizzenhafte Ausführung von Flächen, Licht und Schatten“: So beschreibt die Kunsthistorikerin Alexandra Matzner in ihrem exzellent aufbereiteten Blog „Art in Words“ Carl Spitzwegs Landschaftsstil.
Höchste Kunst auf Zigarrenkisten
Die Malgrundlage des vorliegenden Bilds ist ebenfalls typisch: Die Brettchen seiner Zigarrenkisten waren Spitzwegs bevorzugter Malgrund für die „Kleinen Landschaften“, die nach 1859 entstanden: „Die subjektive Reaktion des Malers auf die Natur wurde, so lässt sich leicht beobachten, in den späten Jahren zunehmend wichtiger als der Biedermeierrealismus“, schreibt Matzner. „Die ,intime Landschaft‘ löste die heroische Landschaft ab. Das Malerische und die Auflösung der Form zeigt, dass der Maler bis ins hohe Alter an der Frage arbeitete, was ein Gemälde leisten kann.“
Zwei zu je 600 Euro angebotene Bleistift-Studien aus Spitzwegs Hand runden die Offerte ab.
Im Blickpunkt der November-Auktion (II): Stühle von Richard Riemerschmid
Sechs Stühle nach Entwurf des Münchner Jugendstil-Architekten und -Designers Richard Riemerschmid (1868 – 1957) stehen im Blickpunkt des Angebots bei den Möbeln. Sie gehören zu den ersten Modellen, die Riemerschmid für die wenige Jahre zuvor in Dresden gegründeten Deutschen Werkstätten für Handwerkskunst entwickelte – eine überaus fruchtbare Kooperation, die in Riemerschmids Entwürfen für die heute noch bestehenden Werksgebäude gipfelte und auf vielerlei gemeinsamen Anschauungen des Architekten und des Werkstätten-Gründers Karl Schmidt- Hellerau fußte.
Die Deutschen Werkstätten: Ein Ort des Fortschritts
Sowohl Richard Riemerschmid wie auch Karl Schmidt-Hellerau fühlten sich den Reformbestrebungen der letzten Jahrhundertwende verpflichtet: Qualitätvolle Möbel ohne falsches Zierrat sollten nicht nur für eine vermögende Elite, sondern auch für eine breite Mittelschicht erschwinglich sein.
Möbel für ein “Neues Wohnen”
Deren Wohnsituation sollte sich mit der Errichtung von Gartenstädten wie der ebenfalls von Richard Riemerschmid geplanten Gartenstadt Hellerau, mit luftigen Häusern, aber auch mit leicht zu reinigendem Mobliar generell entscheidend verbessern.
Richard Riemerschmids Weg zum maschinell gefertigten Möbel
Zwar standen sowohl Schmidt wie auch Riemerschmid dem Handwerk nahe, waren sich aber einig, dass sich die Herstellung bezahlbarer, qualitätvoller und moderner Möbel nur durch die Vereinigung maschineller und handwerklicher Fertigung bewerkstelligen ließ. Also tastete sich Richard Riemerschmid Schritt für Schritt an einen Möbelstil heran, der den Möglichkeiten der Maschinen entsprach – ein Stil, der sich schließlich im Maschinenmöbelprogramm von 1905/06 vollends entfaltete. Doch auch Riemerschmids frühe Entwürfe für die Deutschen Werkstätten, wie die Stühle des „Modells 4“ von 1902/3, von denen sechs bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen zum Schätzpreis von 1.500 Euro angeboten werden, markieren erste Meilensteine auf diesem Weg.
Im Blickpunkt der November-Auktion (I): Skulpturen von Herbert Achternbusch
Eine große Offerte mit über 130 Positionen hochkarätigem Schmuck, eine Sammlung mit auf das 18. und 19. Jahrhundert zurückgehenden Hinterglasbildern vor allem aus Tirol und dem Staffelseegebiet sowie eine reiche Auswahl an Weinen aus Bordeaux und Burgund prägen die 51. Kunstauktion von SCHEUBLEIN Art & Auktionen. Besonders im Zentrum werden aber auch Porzellane, Jugendstilmöbel, ein Landschaftsgemälde von Carl Spitzweg sowie ein Skulpturenpaar des Münchner Künstlers Herbert Achternbusch (*1938) sein.
Von der Kunst zum Schreiben, vom Schreiben zum Film
Angesichts seiner ungezählten Filme, Dramen und literarischen Publikationen gerät das Werk Herbert Achternbuschs im Bereich der Bildenden Künste rasch aus dem Blickfeld. Dabei studierte das bei seiner Großmutter im Bayerischen Wald aufgewachsene Enfant Terrible der Münchner Kulturszene zunächst an den Akademien in Nürnberg und München Kunst. Mit bildlichen und plastischen Arbeiten war er sogar in Ausstellungen im Haus der Kunst vertreten, bevor er sich Mitte der 1960er Jahre aufs Schreiben verlegte. Begegnungen mit Werner Herzog, Volker Schlöndorff und Franz Xaver Kroetz motivierten ab Anfang der 1970er Jahre die Beschäftigung mit Film und Theater.
Herbert Achternbusch, der Poet
Skandale um Filme wie „Das Gespenst“ von 1982 über eine Erscheinung Christi in einem bayerischen Kloster lassen rasch übersehen, dass Achternbusch in all seiner Lust an Provokation und Skurrilität stets auch leise, berührende Töne anschlug. Sie kommen auch in seinem malerischen und skulpturalen Werk klarer zum Tragen, dem sich Achternbusch seit der Jahrtausendwende verstärkt widmet.
Lauter Esel
Umso mehr freut sich SCHEUBLEIN Art & Auktionen, das Skulpturenpaar „Eselsmutter mit Kind“ anbieten zu können. Es wurde anlässlich Herbert Achternbuschs 70. Geburtstag beim Münchner Filmfest im Gasteig versteigert. Die bemalten Holzfiguren, die Objets trouvés wie ein Yogakissen implementieren, sind von Achternbuschs Tochter Naomi (*1994) bezeichnet. Möglicherweise entstanden sie im Kontext von zwei Kinderbüchern, die Achternbusch 2000 und 2002 schrieb: „Ein Esel namens Amalpalpu“ und „Endlich wehrt sich der Esel“. Die beiden Tierskulpturen sind mit einem Schätzpreis von 2.800 Euro angesetzt.
Nachlese zur Auktion vom 18.09. (II): Altmeister, Asiatika, Dosen, Graphik
Zu den gesuchtesten Kategorien der 50. Kunstauktion von SCHEUBLEIN Art & Auktionen gehörten auch die Kategorien Altmeister, Asiatika und Graphik. Ein ganz besonderes Augenmerk lag schließlich auf einer Sammlung an Streichholzbehältern.
Altmeister: Dürer-Nachfolge und Supraporten
Eine „Anbetung der Heiligen Drei Könige“ aus der Nachfolge Albrecht Dürers (1471 – 1528) entwickelte sich zum Toplos bei den Altmeistern. Mit 2.500 Euro angesetzt, steigerte sich das Gemälde bis zu einem Zuschlagspreis von 12.600 Euro*. Das in Öl auf Holz gemalte Bild ging an einen privaten Sammler im Europäischen Ausland.
Auch zwei weitere Gemälde aus dem Altmeister-Angebot von SCHEUBLEIN Art & Auktionen standen besonders hoch im Interesse der Bieter: Das Portät eines Gelehrten in der Art des in Thüringen und Sachsen beheimateten Malers und Kupferstechers Dietrich Christian Wilhelm Ernst, gen. Dietricy (1712 – 1774), mit einem Schätzpreis von 2.400 Euro angesetzt, kletterte bis auf 7.000 Euro*; eine Antike Götterszene aus dem 18. Jahrhundert wurde für 6.700 Euro* zugeschlagen. Vier Supraporten mit allegorischen und szenischen Darstellungen aus dem Frankreich des 18. Jahrhunderts gingen für 8.200 Euro* in den internationalen Kunsthandel.
Asiatika: Cloisonné und Steinzeug aus China
Gleich eine ganze Reihe chinesischer Objekte aus dem Bereich Asiatika entwickelten sich in der Herbstauktion von SCHEUBLEIN Art & Auktionen außerordentlich gut und konnten weit über dem Schätzpreis an Sammler in Europa und Asien zugeschlagen werden.
Eine türkise Cloisonné-Schale aus der Qing-Zeit mit wolkenartig reliefiertem Mittelknauf und einem Dekor mit Hirschen und Kranichen erlöste 8.200 Euro*. Eine Position mit einer Vase, einer kleinen Vase und einem Unterteller aus Steinzeug mit Craqueléglasuren aus dem 18. bis 20. Jahrhundert kletterte bis auf 8.800 Euro*. Zwei weitere Positionen mit Porzellanobjekten aus der Jiajing- und Qing-Zeit steigerten sich bis auf 6.550 Euro* bzw. 7.500 Euro*
Graphik: Alter und Rätsel
Ein ganz besonderes Blatt wurde zum Spitzenlos bei der Graphik: Die Zeichnung „Steigendes Wasser“, die Karl Schmidt-Rottluff (1884 – 1976) mit Tusche und Farbkreide in einem seiner letzten Lebensjahre angefertigt hatte. Noch hochbetagt hatte der Maler mit seiner Frau die Sommer, wie stets, an der Ostsee verbracht. Fixes Domizil seit den 1950er
Jahren war dafür das Ostseebad Sierks-
dorf an der Lübecker Bucht, wo Karl Schmidt-Rottluff in einem kleinen, an das Haus seines Malerfreundes Günter Machemehl angebauten Atelier arbeitete.
Auch als er mit seinem achtzigsten Geburtstag die Ölmalerei aufgab, weil ihm das Hantieren mit Staffelei, Leindwand und Palette zu anstrengend geworden war, ruhte der künstlerische Geist Karl Schmidt-Rottluffs nicht. In Aquarellen und Mischtechniken mit Farbkreide und Tusche hielt der Expressionist auch weiterhin die Lichtstimmungen an der Küste in stillen Meereslandschaften fest. Auch das bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen verkaufte Blatt gehört in den Kreis dieser anrührenden, eindrucksvoll schlichten Graphiken. Für 17.600 Euro* ging es an einen privaten Sammler.
Vier ganz besondere Aquarelle, wohl aus dem 18. Jahrhundert erzielten zusammen 5.500 Euro* und konnten damit ihren Schätzpreis mehr als verzehnfachen: Es handelt sich um Anamorphosen – auf dem Blatt verzerrt wirkende Darstellungen, die erst durch das Aufstellen eines zylindrischen Spiegels perspektivisch korrekt zu erkennen sind. Zwei der vier vorliegenden Blätter zeigen Skelette mit Bekleidung, die anderen beiden einen sitzenden Hund sowie einen Herrn im roten Mantel. Sie gingen in den Kunsthandel.
Streichholz-Behälter aus der Sammlung Humphrey
Nahezu vollständig verkauft wurde eine Sammlung historischer Streichholzbehältnisse und Feuerzeuge aus dem Besitz des Sängers, Schauspielers und Entertainers Albert C. Humphrey. Die über 60 Positionen umfassende Kollektion spannte einen Bogen von den Anfängen der Streichholz- und Feuerzeugkultur im frühen 19. Jahrhundert bis in die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts.
Zu dieser Zeit war beides nach wie vor noch kein Allerweltsgegenstand, sondern immer noch willkommener Helfer in einem mühsamen Alltag.
Die Gesamt-Sammlung erlöste 10.450 Euro* und ging großenteils in die Hände privater Liebhaber.