Nachlese Fundgrube-Auktion: Von Söldnern, Kutschern und dem Auge Gottes
Mit durch die Bank reger Beteiligung im Saal wie auch im Internet schloss die Fundgrube-Auktion vom 26. Oktober nach sechst packenden Stunden und 844 aufgerufenen Objekten. Besonders gut nachgefragt waren diesmal Silber und Schmuck; auch generell stieß das Angebot auf großes Interesse: Über 70 Prozent der Positionen wurden verkauft. Gleich zwei der Toplose stammten aus der Kategorie Fayence, weitere aus den Bereichen Skulpturen und Kunsthandwerk.
Eine Soldtruhe aus Eisen
Den höchsten Zuschlag erhielt eine zylinderförmige Soldtruhe mit einem in Eisen gearbeiteten, blaugrün gefassten und durch Bänder verstärkten Korpus. Sie wurde für 3.780 Euro* zugeschlagen.
Kassen, um die Soldaten zu bezahlen, wurden bereits seit dem späten Mittelalter von den Heeren mitgeführt, als sich zum einen die Geldwirtschaft gegen die zuvor weit verbreitete Naturalientauschwirtschaft durchsetzte und zum anderen die feudalen Lehensheere mehr und mehr von Söldnertruppen abgelöst wurden. Um diese zu bezahlen, mussten nun im Tross jedes Regiments große, gut verschließbare Kassen transportiert werden.
Soldtruhen bis zum 1. Weltkrieg in Gebrauch
Nach dem hauptsächlich durch Söldner ausgefochtenen 30-Jährigen Krieg etablierten sich zwar mit den Nationalstaaten auch allmählich stehende Heere, die die je nach Bedarf angeheuerten Landsknechtsverbände ersetzten. Dennoch bekamen bis zum ersten Weltkrieg nur Offiziere ein monatliches, fixes Gehalt. Unteroffiziere und Mannschaft erhielten ihren Sold weiterhin in bar aus der Regimentskasse ausbehalt.
Was genau sich in der vorliegenden Soldtruhe befindet, wird auch dem neuen Besitzer Rätsel aufgeben: Zwar befindet sich in der Mitte der Oberseite ein zentrales Schlüsselloch. Der Schlüssel dazu aber verlor sich in den Wirren der Zeit.
Der Ranzen eines Kutschers
Ein mit Metallstiften dekorierter Ranzen sowie zwei paar Hosenträger mit Federkielstickerei kletterten bis auf 2.770 Euro*, bevor der Hammer fiel. Das Hauptinteresse der engagierten Bieter galt dabei mutmaßlich dem überaus aufwendig gearbeiteten Ranzen.
Ranzen waren einst Geldgürtel
Kunstvoll verzierte Gurte wie dieser wurden ursprünglich von Schiffern, Flößern und Viehhändlern, aber auch von Fuh leuten als Geldgürtel getragen. Die Motivik des Dekors, das unter anderem auch Pferdekutschen zeigt, könnte ergo auf den Berufsstand des ursprünglichen Besitzers hinweisen.
Gleich zwei Toplose aus dem Bereich Fayence
Unter der Liste der Top-Zuschläge ist die Kategorie Fayence gleich zwei mal vertreten: Zum einen mit italienischen Apothekerflaschen aus Majolika, die möglicherweise um 1570/80 in Venedig entstanden. Die beiden mit Porträtmedaillons, Ranken und Blüten verzierten Gefäße erlösten 2.140 Euro*.
Zwei ebenfalls aus Italien stammende Henkelkrüge mit Doppelkopf-Adlern, von denen einer die Jahreszahl 1778 trägt, wurden für 1.760 Euro* verkauft.
Das Auge Gottes wacht
Zum Highlight bei den Skulpturen entwickelte sich ein geschnitztes und gefasstes „Auge Gottes“ im Barockstil, das sich im Verlauf eines packenden Bietergefechts von 400 Euro Schätzpreis bis auf 1.510 Euro* steigerte.
Uralter Bildtypus
Die Darstellung greift einen Bildtypus auf, der schon in vorchristlichen Mythologien anzutreffen ist und vor allem seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts Einzug in evangelische wie auch katholische Kirchenausstattungen hielt. Das in ein Dreieck eingebettete, von einer Gloriole umstrahlte menschliche Auge wurde vor allem durch die 1682 erschienene Werkausgabe der Schriften des pantheistischen Mystikers Jakob Böhme (1575 – 1624) populär.
Freimaurer und Dollarzeichen
Dort ist das mit Dreieck und Lichtkranz dargestellte „Auge Gottes“ unter anderem auch von Symbolen mit alchemistischer Bedeutung umgeben. Hierin wurzelt nicht nur die rein religiöse, sondern auch die anderweitige Benutzung des Motivs durch die Freimaurer, und sogar auf der Rückseite des Siegels der Vereinigten Staaten von Amerika. Seit 1935 ziert es auch die Rückseite der ,Ein-Dollar-Note‘. Die in der Fundgrube-Auktion am 26. Oktober verkaufte Darstellung mit ihren Putten und Wolkenbändern und der eingearbeiteten Platte zum Abstellen einer Monstranz ist indes rein dem christlich- religiösen Kontext zuzuordnen.
Highlights Fundgrube-Auktion: Malerei aus Russland
In eine Epoche, die nur auf den ersten Blick
ein idyllisches Russland widerspiegelt, entführt
ein mit 600 Euro Schätzpreis angesetztes,
mit Andrejeff signiertes Gemälde:
„Pferdeschlitten, von Wölfen verfolgt“.
In höchster Not
Das
Bild zeigt, in pittoresker Winterlandschaft,
eine höchst dramatische Szene: Ein von
drei Pferden gezogener, von seiner Aufmachung
her sichtlich bäuerlicher Schlitten
wird von hungrigen Wölfen angegriffen.
Die beiden Kutscher wehren sich in höchster
Not – der vordere versucht, das äußerste
an Geschwindigkeit aus den erschöpften
Pferden herauszuholen, der hintere hat gerade
den ersten Wolf mit der Flinte niedergestreckt.
Doch schon springt von der Seite
ein zweiter Wolf auf die rasenden Pferde
zu.
Szenarien wie dieses, die die Schönheit
der russischen Landschaft, aber auch die
Härte des Lebens der unteren Bevölkerungsschichten
thematisieren, waren typisch
für den Realismus jener Künstler des
späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts,
die sich rund um die Künstlervereinigung
„Peredwischniki“ (deutsch: die Wanderer)
formierten.
Das einfache Volk im Fokus
Sie rückten statt Historien und
hehren Adelsszenarien die einfachen Leute
in den Blickpunkt ihrer Kunst, vor allem die
ländliche Bevölkerung und die Bauern. Diese
waren zwar durch die Reformen Alexanders
II. 1861 der Leibeigenschaft enthoben
worden und erhielten sogar etwas Land.
Dessen Erträge reichten aber nicht aus, um
ihre bittere Armut zu lindern.
Folgen der kleinen Eiszeit
Gleichzeitig hatte sich, wie Josef Reichholf
in seiner „Kurzen Naturgeschichte des
zweiten Jahrtausends“ darlegt, die Fauna
in Russland von den Entbehrungen der
,Kleinen Eiszeit‘ im 19. Jahrhundert noch
nicht so weit erholt, dass Wölfe in den entbehrungsreichen
Wintern im Wildbestand
ausreichend Nahrung gefunden hätten.
Hungrige Wölfe
Zu leiden hatten vor allem die darbenden
Bauern. Denn die Wölfe fielen immer wieder
gezielt große Nutztiere an, von deren
Fleisch ein ganzes Rudel satt wurde.
Auch Überfälle auf Schlitten waren so häufig,
dass sie sich als immer wieder auftauchendes
Bildmotiv etablierten.
Highlights Fundgrube-Auktion: Eine Malerin aus Stuttgart
Ein breites Angebot an Silber, Möbeln und Schmuck bildet den Kern der herbstlichen Fundgrube-Auktion von SCHEUBLEIN Art & Auktionen am 26. Oktober. Trouvaillen für den kleinen Geldbeutel gibt es jedoch quer durch alle Kategorien, von Asiatika bis zu Teppichen.
Zwei Porträts aus der Hand der schwäbischen Malerin Louise Henriette von Martens (1828 – 1894) gehören zu den Highlights bei den Gemälden des 19. Jahrhunderts. Das Herren- und das Damenbildnis sind typisch für den minutiösen Stil der für ihre Zeit ungewöhnlich produktiven Künstlerin.
Ausbildung an der “Damenakademie”
Mangels Möglichkeiten, als Frau direkt an einer Kunstakademie studieren zu können, ging die junge Stuttgarterin nach Düsseldorf, um sich als Privatschülerin bei dem Historien- und Porträtmaler Karl Ferdinand Sohn (1805 – 1867) ausbilden zu lassen.
Ungewöhnlich produktive Malerin
Nach Stuttgart zurückgekehrt, schuf Martens neben einigen Naturstudien und Genreszenen über 400 Porträts vor allem für Kunden aus dem gehobenen Bürgertum. „Es scheint bezeichnend“, schreibt der auf Württemberger Künstler spezialisierte Kunsthistoriker Werner Fleischhauer, „dass gerade ältere Leute gesellschaftlich gehobener, vornehmer Stellung und gepflegter Lebensart diese Künstlerin und ihre Malart bevorzugten.“
Nachbericht 42. Kunstauktion: Januarius Zick bei den Altmeistern im Fokus
Bis auf 21.400 Euro* kletterten zwei Genreszenen
des vor allem für seine Fresken
und Marketerie-Entwürfe berühmten bayerischen
Barockmeisters Januarius Zick
(1730 – 1797).
Selten: Genreszenen aus der Hand von Zick
Beide Bilder knüpfen klar an die Stilistik
niederländischer Genrebilder an, die Zick
auf einer Studienreise kennengelernt hatte.
Wie diese Vorbilder spiegeln die dargestellten
Szenen die Lebenswelt der kleinen,
bäuerlichen Leute.
Allerdings vermengt
Zick seine Erzähllust mit einer Sittenkritik
im Sinne der Aufklärung: In beiden Fällen sind es die erotischen Verlockungen einer
Magd, die Männer – beim ,Abend‘ ist es
ein Familienvater, bei der ,Nacht‘ ein gut
gekleideter alter Herr, möglicherweise der
Gutsbesitzer – von moralisch einwandfreiem
Verhalten abbringen.
Die ursprünglich zu einem Schätzpreis von
12.000 Euro angesetzten Gemälde „Der
Abend“ und „Die Nacht“, die zusammen
mit den im M.H. de Yount Memorial Museum,
San Francisco befindlichen Pendants
„Morgen“ und „Mittag“ einen geschlossenen
Zyklus bilden, gingen in den Kunsthandel.
Nachbericht zur 42. Kunstauktion: Das Toplos – ein russischer Realist
Mit vielen überraschenden Ergebnissen endete nach fünfeinhalb Stunden die Herbstauktion
von SCHEUBLEIN Art und Auktionen, die Nikola Scheublein um 13 Uhr, dem neuen
generellen Versteigerungsbeginn, eröffnet hatte. Über 500 Bieter steigerten mit, im Saal,
aber auch per Telefon und Internet. Gerade beim packenden Kampf um das Spitzenlos –
das Bildnis eines briefschreibenden Mannes von V. Makovsky, das schließlich für 41.600
Euro* zugeschlagen wurde, – lieferten sich vor allem externe Bieter ein intensives Gefecht.
Weitere Top-Ergebnisse waren in den Bereichen Altmeister, Möbel und Einrichtung
sowie Schmuck zu verzeichnen; generell sehr gefragt waren diesmal die Kategorien Porzellan, Teppiche,
Ikonen sowie Graphiken der Moderne.
Das Spitzenlos, „Der Briefschreiber“ von V.
Makovsky, links unten kyrillisch bezeichnet
und datiert 1893, ist dem Umkreis der Peredwischniki
zuzurechnen, jener „Wandermaler“,
die um 1870 ihre Sujets nicht mehr
in hehren Historiengemälden, idealisierten
Landschaften oder Adeligenporträts suchten,
sondern beim einfachen Volk.
Realismus in Russland
Im Zuge
des international aufkommenden Realismus
zeigten sie das Leben und die Mühsal
der Bauern und Arbeiter, die Schönheit
des weiten russischen Hinterlands, sowie
Gemütsverfassung und authentische Charakterzüge
in ihren Porträts. Mitglieder der
Peredwischniki waren nicht nur Absolventen
der Kaiserlichen Kunstakademie in St.
Petersburg, sondern kamen auch von der
Schule für Malerei, Bildhauerei und Bildkunst
in Moskau, die im Gegensatz zu den
akademisch ausgebildeten Malern eher als
„handwerkliche Künstler“ angesehen wurden
und keine Aufträge von Hof und Staat,
sondern nur von privaten Auftraggebern
entgegen nehmen durften.
Die Peredwischniki malen das Volk
Auch dies trug
zu einer Verlagerung der künstlerischen
Fokussierung bei den Peredwischniki bei,
die sich auch am ,Briefschreiber‘ gut ablesen
lässt: Der uniformierte ältere Mann
ist in einer von bescheidenem Wohlstand kündenden Umgebung sehr realitätsnah
dargestellt. Gezeigt sind die Falten im Gesicht,
die Knittern in der Uniform, eine am
Tischrand abgelegte Zigarette, aber auch
die vollkommene Versunkenheit, die den
Mann beim Schreiben erfasst hat. Nach
einem packenden Bietergefecht, an dem
vor allem Interessenten am Telefon und im
Internet beteiligt waren, ging das Gemälde
für 41.600 Euro* nach Russland.
Herbstauktion: Erzähllust und Stilkritik bei den Altmeistern
Im Blickpunkt der Kategorie “Alte Meister” stehen bei der Auktion am 21. September zwei Gemälde des bayerischen Barockmalers Januarius Zick (1730 – 1797). Seine Genredarstellungen „Abend“ und „Nacht“ gehören zu den wenigen Werken aus seiner Hand, die nicht in Bausituationen eingebunden waren.
Januarius Zick, der Freskenspezialist
Berühmt wurde der Meister mit Altargemälden und Fresken, unter anderem im Dianasaal von Schloss Engers, der Klosterkirche Wiblingen oder in der Klosterkirche Raitenhaslach, sowie mit Intarsienbildern für höfische Möbel aus der Hand David Roentgens. Auch mit Genremalerei beschäftigte sich Zick kontinuierlich, seit er zwischen 1756 und 1758 auf seiner Studienreise nach Paris, Basel und Rom die niederländische Genremalerei kennengelernt hatte.
Die Lebenswelt der kleinen Leute
Die vorliegenden Gemälde „Abend“ und „Nacht“ – sie bilden zusammen mit den im M.H. de Yount Memorial Museum, San Francisco, befindlichen Pendants „Morgen“ und „Mittag“ einen geschlossenen Zyklus – knüpfen klar an die Stilistik niederländischer Genrebilder an. Wie diese Vorbilder spiegeln die dargestellten Szenen die Lebenswelt der kleinen, bäuerlichen Leute. Allerdings vermengt Zick seine Erzähllust mit einer Sittenkritik im Sinne der Aufklärung: Am „Abend“ ist es der erotische Anblick der sich mit hochgeschürztem Rock die Beine waschenden Magd, dem sich der links im Bild gezeigte Familienvater ungebührlich widmet, statt sich Frau und Kind zuzuwenden.
In der „Nacht“ ist es wiederum eine Magd – noch mit dem Schälen von Äpfeln befasst, während alle anderen schlafen –, die sich den Zudringlichkeiten eines vornehm gekleideten alten Mannes erwehren muss. Denn der Nachtwächter, der ja eigentlich für Ruhe und Ordnung sorgen sollte, hat sich abgewandt und studiert mit hochgehaltener Kerze die Uhr.
Weitere Highlights aus der Kategorie Altmeister
Herbstauktion: Reiselust von Meran bis zur Wachau
In Graphik und Gemälden wartet die Auktion am 21. September mit Bildern auf, die zu einer Augenreise zu zwei klassischen Herbstzielen einladen – nach Meran und in die Wachau. Beide sind seit gut 150 Jahren auch Sehnsuchtsziele für viele Künstler.
Die Wachau als Mekka der Stimmungsimpressionisten
Die Wachau wurde von den Malern bereits zur Zeit des Biedermeier “entdeckt”: wegen ihrer pittoresken Landschaft und wegen ihrer fast mediterranen sommerlichen Lichtstimmungen. Erst kamen die Plein-Air-Maler, dann die Stimmungsimpressionisten um August Pettenkofen (1822 – 1889) mit ihrer besonderen Sensibilität für Wetter und Licht, schließlich die Landschafts-Experten: Bereits 1872, noch in seinem ersten Jahr als Professor für Landschaftsmalerei an der Wiener Akademie, unternahm Eduard Peithner von Lichtenfels (1833 – 1913) eine erste Exkursion nach Dürnstein; ab 1888 waren er und seine Studenten jedes Jahr zu Gast.
Die Wachaumaler und der Tourismus
Diese Künstler-Invasion wurde von den Bewohnern stoisch ertragen, denn es waren die Bilder jener jungen ,Wachaumaler’, die mit ihren Bildern die Schönheit der Gegend auch für den aufkeimenden Tourismus bekannt machten. Nicht nur in Wien, auch in anderen europäischen Städten stießen ihre Motive auf hohe Wertschätzung: „Ihre Bilder spiegeln die Illusion einer heilen Welt vor (…). Dies stand in deutlichem Gegensatz zu den Verhältnissen in den sich ständig erweiternden Metropolen“, schreibt Franz Smola, Experte für diese Epoche.
Ein Leben im Malerparadies
Wie auch an seinem „Sonnigen Tag in der Wachau“ zu erkennen, war Maximilian Suppantschitsch (1865 – 1953) einer der Maler, die besonders eindrücklich zum Bild der Wachau als romantischem Malerparadies beitrugen. Suppantschitsch war 1888 Teilnehmer der legendären Exkursion Peithners von Lichtenfels gewesen und im Anschluss immer wieder nach Weißenkirchen, später auch nach St. Michael, Dürnstein und Rossatzbach gekommen. Nach dem ersten Weltkrieg zog er er sich mehr und mehr aus dem Wiener Kunstbetrieb zurück und verbrachte bis zu seinem Lebensende die meiste Zeit in Dürnstein.
Mit dem Gemälde „Steinhaus mit Torbogen in der Wachau“ (Kat-Nr. 551) von Siegfried Stoitzner (1892 – 1976) ist auch die folgende Generation an Wachaumalern in der Herbstauktion bei SCHEUBLEIN vertreten: Stoitzner zog 1918 mit seiner Familie von Wien nach Furth bei Göttweig, eröffnete mit seinem Bruder einen Kunstpostkartenverlag und war 1919 ein Gründungsmitglied des Wachauer Künstlerbundes.
Von der Donau an die Passer
Das Aquarell „Blick auf Meran“ des Vedutenmalers Franz Alt (1824 – 1914) zeigt den Kurort im Südtiroler Burggrafenamt an einem Wendepunkt seiner Geschichte: Noch gab es keine Bahnverbindung nach Bozen – sie wurde erst 1880 fertiggestellt -, noch befand sich der ältere Flügel des Kurhauses gerade eben erst in Bau. Und doch strömten bereits die erholungssuchenden Touristen in die Stadt; Alt zeigt sie, wie sie am Ufer der Passer entlang flanieren, durchmischt von wenigen Einheimischen in Tracht.
Sisi und die Brennerbahn
Ausgelöst hatten den Boom zwei Ereignisse wenige Jahre zuvor: 1867 war, nach neunjähriger Bauzeit, die Bahnverbindung zwischen Innsbruck und Verona eröffnet worden. Ziele im milden Süden Tirols wurden so bequem und schnell erreichbar. Diese Möglichkeit wurde selbst von allerprominentester Seite genutzt: 1870 und 1871 reiste Kaiserin Sisi nach Meran, nahm Quartier im hoch über der Stadt gelegenen Schloss Trauttmannsdorff und blieb jeweils mehrere Monate. „Ich muss gestehen, je länger ich hier bin, desto besser gefällt es mir“, sagte sie den begierigen Reportern des Boten für Tirol und Vorarlberg. Die Aufenthalte von Sisi bedeuteten für den Kurort an der Passer die touristische Initialzündung. Den teilweise ländlichen Charakter, der in der Vedute Franz Alts noch spürbar ist, legte die Stadt bald ab: 1874 eröffnete das mondäne Kurhaus, 1882 das erste Grand Hotel.
Herbstauktion: Prunkvoller Schmuck
Die Kategorie Schmuck ist in der September-Auktion mit 94 Losen ein echter Hochkaräter. Besonders im Blickpunkt steht eine Demi Parure, bestehend aus einem Collier und Ohrhängern, die um 1880 entstand, am Höhepunkt der Gründerzeit. Sie wird zu einem Schätzpreis von 4.500 Euro angeboten.
Eine Zeit des Aufbruchs
In diesen auf die Reichsgründung 1871 folgenden Jahren wurden zahlreiche Banken und Wirtschaftsunternehmen neu aufgebaut. Und die hohen Reparationszahlungen, die Frankreich nach dem verlorenen Krieg von 1870/71 an Deutschland leisten musste, beflügelten sowohl eine Umgestaltung der Innenstädte mit wuchtigen historistischen Bauten, wie auch den wirtschaftlichen Boom und die fortschreitende Industrialisierung des Landes.
Formen aus alten Zeiten
Im Zuge dieser Entwicklungen etablierte sich, neben dem Adel, das Großbürgertum als zweite äußerst zahlungskräftige Kundenschicht für Architekten und Meubleure, Modeschneider und Goldschmiede.
Die verschiedenen eklektischen Stilströmungen, die in dieser Epoche das Bauwesen prägten, hinterließen auch in der Mode- und Schmuckgestaltung ihre Züge. Die vorliegende Demi-Parure erinnert stilistisch an Halsgehänge dem Manierismus, dem auch viele öffentliche Bauten der 1880er Jahre verpflichtet sind.
Private Öffentlichkeit
Auch ein weiteres Merkmal jener Zeit spiegelt sich nicht nur in der Raumausstattung, sondern auch in Schmuckstücken wie dem hier vorgestellten: Die Grenze zwischen privatem und öffentlichem Rahmen begannen zu verwischen – Repräsentationsräume in Privathaushalten sollten nun zugleich auch behagliche Züge tragen, und umgedreht Räume für eigentlich private Zwecke nun auch der Selbstinszenierung dienen. Die Interieurs wurden wandlungsfähiger.
Auch das vorliegende, mit feinen Ziselierungen aufwendig gearbeitete Schmuckstück ist nicht allein für das Tragen bei großen Abendanlässen gedacht: Der Anhänger des Colliers lässt sich ebenso als große oder kleine Brosche auf einem Tageskleid tragen, die Ohrringe können durch Abnehmen der Hängeelemente verkürzt und auf diese Weise ebenfalls weniger formellen Anlässen angepasst werden.
Weitere Highlights beim Schmuck
Herbstauktion: Ein Rumäne im Wald von Barbizon
Zu einer Reise vom tiefsten rumänischen Hinterland über Bayern bis nach Massachusetts laden die Highlights der 42. Kunstauktion von SCHEUBLEIN Art & Auktionen am 21. September ein. Besonders hochkarätig besetzt sind diesmal die Kategorien Schmuck, Möbel und Einrichtung, Graphik sowie Gemälde des 19. und 20. Jahrhunderts. Letzterem Bereich ist auch eines der beiden Toplose dieser Auktion zuzuordnen: Ein „Ochsengespann auf sonniger Landstraße“ aus der Hand des rumänischen Malers Nicolae Ion Grigorescu (1838 – 1907). Das Bild ist mit einem Schätzpreis von 12.000 Euro angesetzt.
Ländliches Leitmotiv
Ochsenfuhrwerke sind im gesamten Schaffen von Grigorescu ein Leitmotiv. Immer wieder zeigt sie der Maler als Sinnbild des ländlichen Rumänien – einer Lebenswelt, die ihm auch selbst von Kindesbeinen an vertraut war. Grigorescu wuchs im Bezirk Dambovita nahe Bukarest unter ärmlichsten Umständen auf und begann seine Malerkarriere, indem sonntags auf dem Markt selbst gemalte Ikonen verkaufte. Bald folgten Aufträge von Kirchen und Klöstern, schließlich, Dank eines Stipendiums, ein Studienaufenthalt in Paris. Doch statt an der Kunstakademie verbrachte Grigorescu diese Jahre im Wald von Fontainebleau: Er schloss sich der Schule von Barbizon an, weil ihn sowohl die Techniken der Freilichtmalerei wie auch die auf Natur und bäuerliches Leben ausgerichtete Motivwahl der Künstler stärker anzogen als der erstarrte akademische Betrieb.
Unterbrochen von Heimataufenthalten blieb Grigorescu bis 1877 in Frankreich, wechselte allerdings seinen Aufenthaltsort von Barbizon in denNachbarort Marlotte. Der Grund: Grigorescu
hatte sich in eine der Töchter von Jean-
François Millet verliebt.
Unglückliche Liebe
„Vielleicht wäre
auch ich ihr nicht gleichgültig geblieben,
hätte ich länger dort verweilt“, schreibt er
später. „Aber ich dachte daran, dass sie die
Tochter eines großen Künstlers sei, dass
ich meinen Platz auf der Welt noch nicht
gefunden habe, (….) und ich sagte mir, es
käme der Tat eines unehrlichen Menschen
gleich, sie zu veranlassen, meine Nöte mit
auf sich zu nehmen.“
Bescheiden trotz Erfolg
Diese grundehrliche
Bescheidenheit zeichnete Nicolae Ion
Grigorescu auch dann noch aus, als sich
ab 1868 Erfolge einstellen. Sein Leben lang
blieb er bei seinen zentralen Motiven aus
dem bäuerlichen Leben Rumäniens: Hirtengespanne,
Bäuerinnen, blühende Bäume –
und, in immer neuen Varianten, Ochsenkarren.
So prägnant sind seine Schilderungen
des walachischen Landlebens, dass der
mit Grigorescu befreundete Schriftsteller
Alexandru Vlahuta (1858 – 1919) einem französischen
Maler riet: „Wenn Sie Rumänien
wirklich kennenlernen wollen, dann vertiefen
Sie sich in das Studium von Grigorescus
Werk.“
Ausstellung: Franz Seidel als Maler und Schriftsteller
Noch bis zum 24. Juli ist in unseren Räumen im Vorderhaus die Ausstellung “Franz Seidel: Maler – Poet – Grenzgänger” der Forschungsstelle August Seidel zu sehen (täglich, auch am Wochenende, von 10 bis 18 Uhr, Donnerstag bis 20 Uhr). Doch dabei steht nicht nur das malerische Werk des Bruders von August Seidel im Blickpunkt, sondern auch desssen literarisches Schaffen: Seidel schrieb Reisetagebücher und einen stark autobiographisch geprägten Briefroman. Beide Werke wurden anlässlich der Ausstellung neu aufgelegt; am Donnerstag, 19.7., gibt es um 18 Uhr eine Lesung.
Spiegel des eigenen Lebens
Der Briefroman “Ästhetische Erinnerungsblätter meiner jugendlichen Freiheitskämpfe” spiegelt eine Situation, in der sich Franz Seidel (1818 – 1903) selbst befand: Der gut verdienende Vater Jakob Seidel, ein General-Postadministrations-Revisor, stirbt, als Franz Seidel vier Jahre alt ist. Sein Tod stürzt die Mutter und die insgesamt drei Söhne in fortdauernde Armut. Dennoch ermöglicht die Mutter mit Hilfe eines Stipendiums allen drei Kindern den Besuch des Gymnasiums. Der hochbegabte Franz schreibt Bestnoten, und studiert nach dem Abitur 1836 zunächst Jura. Alle hoffen auf eine brillante Karriere. Doch Franz entscheidet sich anders: Für das Studienjahr 1841/1842 immatrikuliert er sich nicht mehr, sondern schreibt sich stattdessen an der Akademie der Bildenden Künste ein.
Am Scheideweg
Diesen Scheideweg zwischen Juristenkarriere und Künstlerberuf beschreibt Seidel auch in seinem Briefroman, den er weniger als zwei Jahre vor seinem eigenen Wechsel auf die Akademie der Bildenden Künste verfasst. Anders als seinem Helden, der am Antagonismus von Kunst und Leben zerbricht, gelingt Franz Seidel vorerst eine Lösung durch die Entscheidung für die Kunst. Das im Roman skizzierte Unglück holt ihn erst als reifen Künstler ein – Franz Seidel vollendet nach den 1870er Jahren kein Bild mehr, er scheitert an seinen eigenen Idealvorstellungen, zerstört fertige Werkeund fällt zunehmend in geistige Umnachtung. 1903 stirbt er als “Misanthrop” im Münchner Nikolaispital. Dieses traurige Ende nimmt Seidel in seinem Briefroman vorweg. In der Schlussbetrachtung heißt es, dass die Kunst “(…) unsern Freund vorbildlich schon der Erde entrissen hatte, worauf er nie recht heimisch war”.
Reisebeschreibungen aus Oberbayern
Um einiges heiterer sind Seidels “Erinnerungen meiner Reisefreuden”, die ebenfalls anlässlich der Ausstellung neu aufgelegt wurden. Sie entwickeln auch für den heutigen Leser großen Charme, weil in ihnen viele auch heute noch beliebte Ausflugsziele in Oberbayern beschrieben werden, u.a. der Starnberger See, das Chiemgau, Garmisch, Spitzing- und Kochelsee. Aus den Texten spricht eine erfrischend jugendliche Freude und Sichtweise, und zugleich das verklärende Auge eines Landschaftsmalers des mittleren 19. Jahrhunderts.
So schreibt er über einen Tag am Staffelsee: “Der Staffelsee, nur einige Schritte von Murnau entfernt, zeigte sich uns abends in einer überraschenden Beleuchtung. Der ganze Tag war trübe gewesen, gleichgültig fuhren wir auf dem See herum, mehr mit der Kurzweil des Ruderns beschäftigt, als mit der Gegend. Nun brach aber plötzlich die Abendsonne hinter den Wolken hervor und strahlte wieder im ruhigen Gewässer, die westlichen Berge in Glanzduft hüllend; links kontrastierte ein dunkler Tannenwald, noch dunklerer Widerschein im see und das gründämmernde Uferschilf im Vordergrunde malerisch mit dem übrigen Glanze. Es war wie eine unerwartete Freude nach langer Trauer. Auf einem Scheiterhaufen am Ufer sitzend vergnügten wir uns hieran bis zur späten Dämmerung, und in der ergreifenden Stille hörten wir nur manchmal das Gelächter und Geplätscher einiger badender Bauernkinder.”