Nachbericht zur 41. Kunstauktion – Gemälde und Skulpturen
Die bildhafte Kunst sorgte im Rahmen der 41. Kunstauktion ebenfalls für eine ganze Reihe von sehr guten Ergebnissen:
Altmeister
Eine ungewöhnliche Darstellung von Adam und Eva mit Kain und Abel aus dem Italien des 17. Jahrhunderts war nach dem Mash’al-Lampenfuß das am zweithöchsten gehandelte Objekt der Auktion.
Das Gemälde steigerte sich im Verlauf eines hitzigen Bietergefechts von einem Schätzpreis von 12.000 Euro bis auf 35.300 Euro* und ging in den Kunsthandel.
Interessant ist, neben der hohen Qualität, die Motivwahl des Künstlers: Er zeigt das erste Menschenpaar in keinem der üblichen Szenarien – der Erschaffung Evas, dem Sündenfall oder der Vertreibung aus dem Paradies –, sondern in einer fast arkadisch anmutenden Idylle mit den beiden Söhnen im frühkindlichen Alter.
19./20. Jahrhundert
Aus der Hand des italophilen ungarischen Malers Károly Markó des Jüngeren stammt das Toplos bei den Gemälden des 19. und frühen 20. Jahrhunderts: Sein „Italienisches Gebirgsdorf mit Wäscherinnen am Fluss“, angesetzt zu einem Schätzpreis von 4.500 Euro, erzielte 12.000 Euro*.
Das Bild ist repräsentativ für den Malstil Markós des Jüngeren (1822 – 1891), dessen gleichnamiger Vater ebenfalls großenteil in Italien gearbeitet hatte. Markó d.J. stand zwar in enger Verbindung mit der Künstlergruppe der Machiaoli, die mit den akademischen Konventionen brachen und sich dem aufkeimenden Impressionismus verschrieben, orientierte sich aber eher an barocken Landschaften Claude Lorrains und an der zeitgenössischen Schule von Posillippo. Diese verband einen akademischeren Zugang zur Landschaftsdarstellung mit Pleinair-Malerei verband.
Ebenfalls hoch gehandelt wurde ein Werk des Chiemseemalers Hiasl Maier-Erding (1894 – 1933) . Sein „Chiemsee mit Blick auf die Fraueninsel“ wurde für 9.500 Euro* zugeschlagen.
Kunst nach 1945
Zum Spitzenlos bei der Kunst nach 1945 entwickelte sich ein Bild des Erneuerers der Pleinair-Malerei, Klaus Fußmann (*1938).
Der „Blumengarten“, vermutlich in Fußmanns eigenem, häufig als Motivquelle genutzten Garten in Gelting an der Ostsee entstanden, kletterte bis auf 13.900 Euro*. Sein Aquarell „Klatschmohn“ erzielte 2.000 Euro*.
Skulpturen
Insgesamt sehr gefragt war in der 41. Kunstauktion die Kategorie Skulpturen. Aus einer Passage mit geschnitzten und gefassten Statuen, die der iberischen Halbinsel zuzuordnen sind, ragte vor allem eine Thronende Muttergottes mit Kind aus dem 17. Jahrhundert heraus, die für 9.450 Euro* den Besitzer wechselte.
Eine „Thronende Muttergottes, den Satan bezwingend“, wurde für 8.200 Euro* verkauft.
Weiteres Highlight war die 62 cm Bronzeplastik „Der Gürtelbinder“ nach der annähernd lebensgroßen Skulptur des Jugendstil-Bildhauers Mathieu Molitor (1873 – 1929) im Innenhof des Uni-Hauptgebäudes von Jena. Sie erlöste 8.820 Euro*.
Nachbericht zur 41. Kunstauktion – Von Persien in den Westerwald
Ein safawidischer Mash’al (Lampenfuß), zwei Nine Peaches-Vasen sowie Westerwälder Steinzeug gehörten zu den Top-Losen der 41. Kunstauktion von SCHEUBLEIN Art & Auktionen am 29. Juni. Auch Altmeister, Skulpturen und Gemälde des 19. und frühen 20. Jahrhunderts waren bei der Sommerauktion besonders gefragt (hierzu mehr demnächst). Das bestverkaufte Objekt war der Mash’al, der im Verlauf eines hitzigen Bietergefechts unter Interessenten im Saal, am Telefon und im Internet, bis auf 58.000 Euro* kletterte.
Die Geheimnisse des Mash’al
Der Mash‘al aus Messing mit flächenfüllendem Arabesken- und Blütenrankendekor auf kreuzschraffiertem Grund stammt aus dem Persien der Safawidenzeit. Fackelständer dieser Form wurden im späten 16. Jahrhundert üblich, als sich unter Schah Abbas I. nicht nur das Reich konsilidierte, sondern sich auch eine wirtschaftliche und kulturelle Blüte zu entwickeln begann.
Ein besonderes Augenmerk galt dabei der Förderung hochwertigen Kunsthandwerks – Shah Abbas I. erkannte das wirtschaftliche Potential, das schon damals im Export hochkarätiger Teppiche, Keramiken und Metallarbeiten lag.
Vornehme Raumbeleuchtung
Solche kunstvoll dekorierten Fackelständer, wie derjenige, der bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen für knapp 60.000 Euro den Besitzer wechselte, wurden mit Öl befüllt und dienten ab dem zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts vor allem auch in Persien selbst zur Beleuchtung von Räumen. Ab Mitte des 16. Jahrhunderts wurde ihre Ausgestaltung künstlerisch immer raffinierter und erlangte die Form, der auch der hier vorliegende Lampenfuß entspricht. Das Objekt ging in den internationalen Kunsthandel.
Glück und Fruchtbarkeit: Nine Peaches-Vasen.
Zwei Nine Peaches-Vasen standen bei den Asiatika besonders hoch in der Bietergunst. Eine Vase mit Pfirsichen, Blütenzweigen und Fledermäusen in Famille-rose-Dekor und roter apokrypher Vierzeichenmarke in der Art von Quianlong wurde für 13.860 Euro* verkauft.
Die zweite Vase, ebenfalls in Famille rose-Dekor, mit Pfirsichen und lingzhi-Pilzen sowie apokrypher Sechszeichenmarke in der Art von Quianlong erzielte 7.800 Euro*.
Das bis heute beliebte Dekormotiv vereint verschiedene Symbole der chinesischen Ikonographie zu einer kraftvollen und glückverheißenden Komposition.
Pfirsiche an sich stehen für Langlebigkeit und Unsterblichkeit; eine Bedeutung, die das „Nine Peaches“-Motiv noch dadurch unterstreicht, dass es zugleich Pfirsichblüten und Früchte darstellt und somit den immerwährenden Kreislauf der Fruchtbarkeit impliziert.
Sehr gefragt: Westerwälder Steinzeug
Ebenfalls zu Toplosen avancierten drei Gefässe aus grauem, salzglasiertem Steinzeug aus dem Westerwald, die im frühen 17. Jahrhundert gefertigt wurden.
Ein Krug, auf dessen Mittelfries unter Rundbogenarkaden Szenen aus der Geschichte von Judith und Holofernes dargestellt sind, kletterte bis auf 4.030 Euro*.
Ein Westerwälder Krug aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, der mit einem von Steinzeug aus dem belgischen Raeren übernommenen Soldatenfries dekoriert ist, erzielte 1.640 Euro*.
Ein Walzenkrug mit den Wappen der Reichsstädte Bern, Basel, Zürich, Strassburg, Nürnberg, Augsburg und Regensburg wurde für 1.400 Euro* zugeschlagen.
Ausstellung: Franz Seidel (1818 – 1903) – Maler, Poet, Grenzgänger
Vorschau: Ab Freitag, 6. Juli, präsentieren wir in den Räumen im Vorderhaus eine Ausstellung der Forschungsstelle August Seidel: “Franz Seidel – Maler, Poet, Grenzgänger” ist die erste Einzelausstellung überhaupt zum Oeuvre des Münchner Malers, der 1903 unter tragischen Umständen starb. Die Werkschau ist bis einschließlich 24. Juli zu sehen.
Eine vielschichtige Persönlichkeit
Hochbegabter Schüler, Studienabbrecher im Fach Jura, geachteter Landschaftsmaler,
Schriftsteller, „Unheilbarer“ in der Irrenabteilung des Münchner Nikolai-Spitals – das alles
war der 1818 als Sohn eines „Revisors der fahrenden Posten“ geborene Franz Seidel. Anlässlich seines 200. Geburtstages bietet die Einzelausstellung in den Räumen von SCHEUBLEIN Art & Auktionen einen guten Überblick über sein Schaffen. Veranstalter dieser Ausstellung ist die Forschungsstelle August Seidel, eine durch den Physiker Robert Schmucker gegründete Institution, die sich mit Münchner Landschaftsmalern aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, und insbesondere natürlich mit Franz Seidels bekannterem Bruder August Seidel beschäftigt.
Franz, der mittlere der insgesamt drei Seidel-Brüder, ist seit seinem 15. Lebensjahr leidenschaftlich und rastlos auf Reisen – insbesondere in die Alpenwelt. Lange bleibt er hin- und hergerissen zwischen der Aufsteiger-Laufbahn seines Vaters und seinem ureigenen Weg als Künstler. Als hochbegabter Absolvent des Münchner Wilhelmsgymnasiums schlägt er zunächst die ihm vorbestimmte Juristenlaufbahn ein; 1841 wechselt er auf die Münchner Akademie der bildenden Künste, stellt ab 1843 im Kunstverein aus, entwickelt aber nie die notwendige Produktivität, um als typischer Kunstvereinsmaler auch finanziell erfolgreich zu
sein.
Arkadien in Bayern
Zwischen 1842 und 1845 bereist er die Gegend zwischen Starnberger See, Polling
und Ammersee, wo er zusammen mit seinem Bruder Naturstudien in Öl und zahlreiche
Bleistiftskizzen anfertigt. Ab etwa 1850 zeigt er sich außerdem stark von Carl
Rottmann beeinflusst.
Zu Beginn der 1850er Jahre bis mindestens 1855 unterhält er Beziehungen zu den
belgischen Landschaftsmalern Edmond de Schampheleer und Francois Roffiaen,
deren Kolorismus ihn beeindruckt und mit denen er Ausflüge ins bayrische Gebirge
unternimmt. In den Folgejahren wächst seine Anerkennung. 1866 und 1867 ist Franz
Seidel Vorsitzender des Schiedsgerichts im Münchner Kunstverein.
Anschluss an die Avantgarden
Danach brechen die Ankäufe seiner Bilder durch den Kunstverein allerdings ein. Ein letztes Mal sucht er im Rahmen einer Parisreise 1871 Anschluss an die Avantgarden der Gegenwart.
Das tragisches Lebensende von Franz Seidel
Danach lässt ihm sein geistiger Gesundheitszustand kaum noch Zeit für weiteres Schaffen. 1903 stirbt Franz Seidel geistig umnachtet als „Unheilbarer“ im Münchner Nikolaispital.
Nie gezeigte Werke
Die Werkschau im Juli fokussiert neben noch nie gezeigten Ölstudien aus den
1840er Jahren die repräsentativen Hauptwerke seiner künstlerischen Blütezeit um 1850. Während die Ölstudien einen Einblick in die beinahe unerforschte bayrische Freiluftmalerei der Künstlerkolonien in Eberfing und Polling gewähren, zeigen die Ausstellungsgemälde den Geschmack einer sich gerade formierenden bürgerlichen Käuferschicht und repräsentieren gleichzeitig Franz Seidels ganz persönliche Natursehnsucht und -vergötterung.
Eine umfassende Würdigung des Werkes von Franz Seidel ist längst überfällig, der Künstler selbst – nicht zuletzt wegen seines frühen krankheitsbedingten Rückzuges – völlig vergessen. Die Jubiläumsausstellung zu seinem 200. Geburtstag wird hoffentlich dazu beitragen, ihn wieder in seine Rechte einzusetzen.
41. Kunstauktion: Blumengemälde von Klaus Fußmann
In der Auktion am 29. Juni bietet SCHEUBLEIN Art & Auktionen auch 58 Positionen mit Kunst nach 1945 an. Unter den Highlights sind, neben sieben Positionen mit Blättern aus dem kurz nach Pablo Picassos Tod herausgegebenen Mappenwerk “Hommage à Picasso”, ein Ölgemälde und ein Aquarell mit Blumendarstellungen, die Klaus Fußmann (*1938) unter freiem Himmel malte. Das Ölbild “Blumengarten”, rechts unten signiert und datiert (19)92 (oben) wird mit einem Schätzpreis von 14.000 Euro aufgerufen.
Anfänge der Plein-Air-Malerei
Es war zunächst im England des frühen 19. Jahrhunderts, wenig später dann auch in Frankreich: Maler packten ihre Staffeleien, Farben und Leinwände und schleppten sie aus ihren Ateliers nach draußen, in Gärten, Felder und Wälder, an Seen und Flussläufe, wo sie das Spiel von Licht und Natur so prägnant wie möglich einfingen.
Klaus Fußmann begründet einen neuen Trend
Dass es im Norden Deutschlands nun einen ganz neuen Trend zur Plein Air-Malerei gibt, für den vor allem jüngere Künstler wie Christopher Lehmpfuhl oder Ben Kamili stehen, ist vor allem einem Mann zu verdanken: Klaus Fußmann. Der vor 80 Jahren in Velbert im Rheinland geborene Künstler ließ sich Mitte der 70-er Jahre in Gelting an der Schleswig-Holsteinischen Ostseeküste nieder; etwa zur gleichen Zeit wurde er auch zum Professor für Malerei an der Berliner Hochschule der Künste berufen. Schon vorher hatte Fußmann – ungeachtet der heftigen Diskussionen und anti-malerischen Kunstströmungen dieser Zeit – Dinge gemalt, die vollkommen aus dem Zeitgeist gefallen zu sein schienen: Stillleben und Landschaften. Nach seinem Umzug an die Ostsee verbrachte er ungezählte Stunden am Strand und in seinem Garten, und ging in Punkto Konventionalität bei der Motivwahl noch einen Schritt weiter: Er widmete sich, in Aquarellen wie in Ölgemälden, Blumen.
Gerade hierin aber gelang Fußmann ein Spagat, der viele Diskussionen und Strömungen der Sechziger bis Achtziger Jahre in sein Arbeiten einbezog: Seine Blumenbilder sind gegenständlich und abstrakt zugleich, populär bei den Betrachtern, begehrt bei den Sammlern, und unkonventionell in ihrer Entstehung: Die Malweise, besonders in Öl, erinnert an Tachismus und Action Painting, und der Farbauftrag ist so pastos, dass Stiele und Blütenblätter dastehen wie modelliert. Als er einmal von einem kritischen Geist gefragt wurde, was denn an einem solchen Blumenbild Kunst sein solle, antwortete Klaus Fußmann schlicht: “Alles”.
41. Kunstauktion: Der Porzellan-“Agent” Claudius Innocentius Du Paquier
Zu den Highlights der 41. Kunstauktion, Kategorie Porzellan, zählen drei Positionen mit Wiener Porzellan von Claudius Innocentius Du Paquier (1679 – 1451). Doch nicht nur allein die Koppchen und Teller mit Schwarzlotmalerei oder rötlichen Dekoren üben eine große Faszination aus. Auch die Lebensgeschichte des Porzellanpioniers liest sich packend wie ein Agentenroman und erzählt zugleich auch viel über die Frühzeit der Porzellanproduktion in Europa.
Geheimsache ,weißes Gold’
“Hofkriegsagent” – ein solcher Titel spricht nicht unbedingt für ein Leben, das um um schöne und luxuriöse Dinge kreist. Und doch brauchte der Begründer der Porzellanherstellung in Wien, Claudius Innocentius Du Paquier die Fähigkeiten eines Meisterspions, um 1719 seinem Ziel überhaupt nahe zu kommen. Bis dahin gab es in ganz Europa nur einen Ort, an dem „weißes Gold“ hergestellt wurde, das dem großen Vorbild – aus China importiertem Porzellan – gleichkam: Meissen. Dort hatte Johann Friedrich Böttger 1710 im Auftrag Augusts des Starken das weltweit erste weiße Hartporzellan erzeugt. Dessen Zusammensetzung, das „Arcanum“, blieb ein Geheimnis, dessen Verrat mit strengsten Strafen belegt war.
Eine Flucht bei Nacht und Nebel
Dennoch gelang es ihm 1719, mit Samuel Stölzl einen der Träger des Fabrikationsgeheimnisses abzuwerben, in einer Nacht- und Nebelaktion aus Sachsen herauszuschmuggeln und nach Wien zu bringen, wo er eine eigene Porzellanmanufaktur errichtete. Das Monopol Meissens war gebrochen. Doch nach ersten Exporterfolgen in die Türkei geriet du Paquiers Manufaktur in finanzielle Schwierigkeiten, die mühsam angeheuerten Mitarbeiter warfen hin, Stölzl kehrte nach Meissen zurück, nicht aber, ohne vorher alle Modelle kurz und klein geschlagen und sämtliche Materialvorräte unbrauchbar gemacht zu haben.
Neuanfang in Eigenregie
Allerdings hatte sich Claudius Du Paquier inzwischen selbst genug Kenntnisse in der Porzellanherstellung angeeignet, um auf eigenen Füßen einen Neuanfang zu wagen. Ein neuer Geldgeber finanzierte eine Manufaktur mit mehreren Brennöfen und zwanzig Mitarbeitern in der Wiener Vorstadt Rossau. Mit dem Neustart verbesserte Du Paquier nicht nur die Qualität seines Porzellans, er entwickelte auch neue Dekore, teilweise noch nach chinesischem Vorbild, teilweise bereits mit „europaeischen Blumen“.
Vorsprung im Konkurrenzkampf
Dieser Dekorwandel bedeutete im Konkurrenzkampf mit Meissen einen stilistischen Vorsprung: die Sachsen verzierten ihre Objekte zu dieser Zeit noch mit „indianischen“, an chinesischen Vorbildern orientierten Blumen. Das Farbspektrum der Wiener Manufaktur, wie sich auch an oben gezeigtem Koppchen und Untertasse gut beobachten lässt, wurde vor allem von Orange- und Rostrot-Tönen dominiert. Dazu kamen Dekore in Schwarlzotmalerei.
Porzellan als Prestigeobjekt
Einen herausragenden Einblick in die Arbeit von Du Paquiers Manufaktur gewährt das von ihr zwischen 1720 und 1735 ausgestattete Porzellanzimmer des Palais Dubsky in Brünn, das heute zu den Glanzstücken des MAK in Wien zählt. Als sich in den 1740er Jahren erneut finanzielle Schwierigkeiten abzeichneten, entschloss sich Claudius Du Paquier, die Manufaktur Kaiserin Maria Theresia zum Kauf anzubieten.
Im Dienst der Kaiserin
Sie willigte, obwohl sie sich mitten im österreichischen Erbfolgekrieg befand, ein, da das im aufgeklärten Absolutismus vorherrschende ökonomische Prinzip des Merkantilismus Herrschern nahelegte, große oder besonders spezialisierte Gewerbebetriebe unter staatliche Führung zu stellen. Du Paquier musste mit diesem Schritt zwar die Herstellungsgeheimnisse preisgeben, behielt aber die Oberaufsicht über die Porzellanmanufaktur. Sie bestand bis zum Jahr 1864, bevor sie in Anbetracht der großen Konkurrenz aus Böhmen aufgelöst wurde.
41. Kunstauktion: Altmeister präsentieren ungewöhnliche Sicht auf Adam und Eva
Im Blickpunkt bei den Alten Meistern stehen bei der Kunstauktion am 29. Juni Gemälde, die sich mit der Geschichte von Adam, Eva und ihren Nachkommen beschäftigen. Das Besondere bei sämtlichen dieser Bilder ist ihre ungewöhnliche ikonographische Herangehensweise. Das Toplos ist eine Darstellung von Adam und Eva mit Kain und Abel aus dem Italien des 17. Jahrhunderts (Schätzpreis 12.000 Euro). Am 24. März 1961 wurde es bei Christie’s, London, als Guercino angeboten.
Adam und Eva in familiärer Idylle
Hier ist das erste Menschenpaar weder beim Sündenfall noch bei der Vertreibung aus dem Paradies oder aber beim Beklagen der Ermordung Abels durch Kain gezeigt, sondern in einer fast arkadisch anmutenden Szene mit beiden Söhnen in frühkindlichem Alter.
Der auf die italienische Malerei des 17. Jahrhunderts spezialisierte Kunsthistoriker Erich Schleier betont in einem Aufsatz über eine der wenigen vergleichbaren Darstellungen aus der Hand von Nicola Vaccaro (1640 – 1709) nicht nur die Seltenheit dieser Motivwahl, sondern auch, dass Eva durch diesen Bildtypus in die Nähe zu römischen Gottheiten wie Diana, Venus, Juno und Minerva gerückt wird.
Aus dem Paradies in den Olymp
Auch bei dem vorliegenden Bild ist eine solche Querverbindung sowohl für Eva wie auch für Adam mehr als denkbar.
Bemerkenswert ist weiterhin, dass über dieser ersten Familie der Menschheitsgeschichte scheinbar nichts von der finsteren Mühsal lastet, die Adam und Eva nach der Vertreibung aus dem Paradies erwartete.
Erfüllende Freiheit
Stattdessen wirkt die Szene entspannt und ungezwungen, fast schon im Sinne jener erfüllenden Freiheit, die der englische Schriftsteller John Milton in seinem 1667 entstandenen Epos “Paradise Lost” den aus dem Paradies vertriebenen ersten Menschen mit auf den Weg gibt: “Vor ihnen lag die ganze Erde, ihren Ort zu wählen, von Gottes Vorsehung geführt.”
Serie: Von der Erschaffung Adams zu Kain und Henoch
Auch ein weiteres Highlight unter den Altmeistern beschäftigt sich mit Sequenzen aus der Schöpfungsgeschichte: Vier Gemälde, wohl aus dem 17. Jahrhundert, entstanden nach Stichvorlagen von Johann Sadler (1550 – 1600 / 1608), der seinerseits Marten de Vos’ (1532 – 1603) Serie “Boni et mali scientia / Die Geschichte der ersten Menschen” aus dem Jahr 1583 graphisch umsetzte. Dargestellt sind, jeweils in Simultandarstellungen, vier Passagen der Schöpfungsgeschichte:
Bei der “Erschaffung der Eva” ist links im Hintergrund Gottvater bei der Erschaffung der Tiere sowie rechts im Hintergrund bei der Erschaffung Adams zu sehen.
Das “Opfer Kains und Abels” zeigt im Vordergrund die nur kümmerlich brennende Opferstätte Kains, im Hintergrund das prachtvolle Opfer Abels, sowie rechts im Hintergrund Szenen zur Vorbereitung der Opfer sowie in der Mitte, direkt hinter der Rauchsäule Abels, den Brudermord.
Auch dieses Motiv ist eine ikonographische Besonderheit: Nur selten wird das weitere Los Kains nach dem Mord an seinem Bruder Abel überhaupt dargestellt. Nach der Genesis wurde Kain nach seiner Tat von Gott verflucht: “Der Herr sprach: Was hast du getan? Das Blut deines Bruders schreit zu mor vom Ackerboden. So bist du verflucht, verbannt vom Ackerboden, der seinen Mund aufgesperrt hat, um aus deiner Hand das Blut deines Bruders aufzunehmen. Wenn du den Ackerboden bestellst, wird er dir keinen Ertrag mehr bringen. Rastlos und ruhelos wirst du auf der Erde sein.” Trotz dieses Fluchs gelingt es Kain, eine Familie zu gründen und in einer unfruchtbaren Gegend sesshaft zu werden; sein Geschlecht wendet sich der weltlichen Kunst und der Wissenschaft zu. Für seinen Sohn Henoch baut Kain schließlich eine Stadt, die er nach ihm benennt. Dieser mühevolle Städtebau, und im Vordergrund Kain und sein Sohn, sind hier dargestellt.
Jedes der vier Gemälde wird zu einem Schätzpreis von 2.000 Euro angeboten.
41. Kunstauktion: Skulpturen des spanischen Siglo d’Oro
Im Blickpunkt bei den Skulpturen stehen in der 41. Kunstauktion bildplastische Werke aus dem Spanien des Siglo d’Oro, allen voran zwei Reliefs, die Szenen aus der Leidensgeschichte Christi darstellen (Schätzpreis 8.000 Euro). Sie sind in vielerlei Hinsicht symptomatisch für die Skulptur dieser Zeit auf der iberischen Halbinsel.
Im Sinn der Gegenreformation
Denn plastische Kunst stand, noch wesentlich stärker als die Malerei der iberischen Halbinsel, in der Tradition der nach dem Konzil von Trient 1563 lancierten Bildprogramme der Gegenreformation. Aus diesem Ansatz entwickelte sich in Spanien eine vollkommen eigene gestische wie auch technische Formensprache.
Die Emotionen der Heiligen miterleben
Der Zielsetzung, die emotionalen Zustände von Christus, Maria und den Heiligen zu veranschaulichen, von der erhabensten Liebe bis zur tiefsten Qual, und somit das Verständnis für das Mysterium des Glaubens zu erweitern, folgte bereits die Wahl von Werkstoff und Technik: Mit keinem anderes Material lassen sich so realistische Effekte erzielen wie mit gefasstem Holz.
Dies zeigt sich auch an den vorliegenden Reliefs, die den Judaskuss und die Geißelung Christi zeigen: Die Gewandfalten sind überaus plastisch ausgearbeitet, Stoffmuster und sogar Webstrukturen mit äußerster Detailgenauigkeit aufgemalt. Selbst die Stiefel der Folterknechte bei der Geißelung sind mit winzigen Kreisen überzogen, so dass sie wirken, als wären sie wirklich aus Leder.
Angst und Stärke
Auch Christi Qualen sind, buchstäblich präzise bis zum letzten Blutstropfen, dargestellt; das Gesicht des Heilands, in keinster Weise idealisiert, fächert eine ganze Bandbreite an Emotionen auf, von der Angst vor dem Kommenden über innere Stärke bis zur stillen Ergebenheit in den vorgegebenen Weg. „Der Realismus in der Kunst“, schreibt Manuel Arias Martinez in seinem Aufsatz über spanische Skulptur zur großen Siglo d‘Oro-Wanderausstellung von 2016, wird „zu einem Instrument des religiösen Eifers“.
Weitere Skulpturen aus dem Umkreis Spaniens
41. Kunstauktion: Ausgesuchte Jugendstil-Keramik
Wer an Gattungen des Kunsthandwerks denkt, in denen die Epoche des Jugendstil nicht nur stilistisch, sondern auch im künstlerischen Werkprozess einen Meilenstein setzte, hat als erstes Glas vor Augen. Doch auch die Herstellung von Steinzeug und Keramik erfuhr zur Zeit der Belle Epoque eine tiefgründige Wandlung. Dies ist auch an fünf Keramikobjekten abzulesen, die in der 41. Kunstauktion bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen zu moderaten Schätzpreisen angeboten werden.
Vorbilder aus Asien
Highlight dieser Keramikofferte ist eine kleine Jugendstil-Vase, die um 1900 im Atelier de Glatigny entstand. Sie reflektiert deutlich einen Trend, der sich seit 1878, und noch massiver 1889 etablierte: In beiden Jahren wurden japanische Keramiken auf den Weltausstellungen in Paris vorgestellt. Diese arbeiten waren formal wesentlich schlichter als die mit üppigem Zierrat geschmückten Gefäße, die während des Historismus in Europa in Mode waren, und bildeten, vor allem auch durch luzide, überlaufende Glasuren, eine nie gesehene Einheit zwischen Form und Dekor.
Verklärte Natur
Vor allem durch die Arbeit mit Lüsterglasuren entstanden Keramikobjekte, die zwar in ihrer Formgebung Naturelementen wie Blättern, Blüten oder Tangstreifen entlehnt waren, durch die wie gehaucht wirkenden Glasuren aber viel von ihrer abbildenden Gegenständlichkeit verloren und an athmosphärischer Darstellungskraft gewannen.
Veränderter Werkprozess
Diese neue Gestaltungsweise bedingte allerdings, dass der bisherige Werkprozess, der oft darin bestand, dass ein – gerne fachfremder – Künstler ein Gefäß entwarf, das dann von einer Manufaktur ausgeführt wurde, in einer Hand zusammenlaufen musste. Der entwerfende Künstler brauchte nicht nur formale Kenntnisse, sondern musste sich auch mit den Möglichkeiten von Massen und Glasuren extrem vertraut sein. Dies führte dazu, dass sich die Produktion von Jugendstilkeramik stark in die Ateliers einzelner Künstler verlagerte.
Die Manufaktur als Atelier
An diesem Punkt setzte das Atelier de Glatigny an, das in dem kleinen Ort bei Versailles 1890 von einer Gruppe von Künstlern, Töpfern und auf Glasuren spezialisierten Chemikern gegründet wurde. Zielsetzung der ehrgeizigen Unternehmung war, im Manufakturbetrieb Porzellan- und Fayenceobjekte herzustellen, die den kunstvollen Einzelstücken aus den privaten Ateliers gleichkamen.
Neben Porzellan auch Keramik
Zwar lag das Hauptaugenmerk des Ateliers de Glatigny auf der Produktion von Porzellan. Daneben wurden aber auch in limitierten Editionen Keramiken aufgelegt, für deren Glasuren mti Substanzen aus Afrika und dem südpazifischen Raum experimentiert wurde. Nicht wenige dieser Vasen, so auch das bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen zum Schätzpries von 400 Euro angebotene Objekt, wurden nach dem Brand durch den Pariser Silberschmied und Juwelier Lucien Gaillard mit einer Silbermontierung versehen.
Weitere Jugendstil-Keramik aus der 41. Kunstauktion
Ein Paar Cachepots mit durchbrochener Schulter und floralem Umdruckdekor. Schätzpreis: 100 Euro.
41. Kunstauktion: Ein Ausflug in die Auktionsgeschichte
Zu den interessantesten Objekten aus dem Angebot der 41. Kunstauktion zählen zwei Gemälde des in London lebenden Japaners Nozomu Ishiyama aus dem Jahr 1978 (Schätzpreis: je 1.200 Euro). Denn an ihnen lässt sich deutlich ablesen, wie sehr sich der Kunstmarkt in den letzten vierzig Jahren gewandelt hat.
Im Schlaraffenland der Klassischen Moderne
Was heute zu einer hochtechnisierten Veranstaltung geworden ist, mit einer Vielzahl an Interessenten im Saal, und Internet-Teilnehmern rund um den Erdball, war damals einem kleinen, sehr elitären Sammlerkreis vorbehalten, dem sonore Herren mit weißen Handschuhen die zu ersteigernden Pretiosen präsentierten. Entsprechend erlesen sind auch die Gemälde an den Wänden – nach heutigem Empfinden ein Schlaraffenland des Surrealismus und der Klassischen Moderne: Dalìs „Mae West“, Miròs „Bleu II“, Mondrians „Komposition II“ von 1929, Werke von Hartung und Poliakoff, dazwischen auch mal ein Turner…
In die Welt der Auktionshäuser wurde Nozomu Ishiyama durch seinen Galeristen eingeführt; der 1945 in Kyoto geborene Maler hatte sich nach einer ausgedehnten Europareise 1976 in London niedergelassen. In den Auktionssälen von Sotheby‘s und Christie‘s fertigte Ishiyama unzählige Skizzen an, die er später zu den vorliegenden Ölgemälden verwob.
Ein Höhenflug des Kunstmarkts
Die Zeit, in der sich der Künstler mit dem Thema Auktionen auseinandersetzte, hätte spannender nicht sein können. Ende der 1970er Jahre setzte der internationale Kunstmarkt zu einem nie dagewesenen Höhenflug an. Hauptbeteiligte an dieser bis heute legendären Preisentwicklung waren Sammler aus Japan: Sie waren, dank Wirtschaftswachstumsraten von bis zu 11 Prozent, schon seit den 1960er Jahren immer häufiger auf dem internationalen Parkett vertreten. 1969 hielt Christie‘s die erste Auktion in Tokio ab. Es folgten nicht nur weitere Versteigerungen im Land, sondern auch ausgedehnte Ausstellungstourneen mit Werken des Impressionismus und der Klassischen Moderne, die die Kunstbegeisterung in Japan immer weiter anheizten. Allein zwischen 1973 und 1987 entstanden dort an die 500 Museen für Kunst aus Europa.
Den Gipfelpunkt erreichte dieser bis heute unvergleichliche internationale „Kunst-Rush“ im Mai 1990 mit vem Verkauf von Renoirs „La Moulin de la Galette“ für 78,10 Millionen und van Goghs „Porträt des Dr. Gachet“ für 82,5 Millionen US-Dollar. Käufer war in beiden Fällen der japanische Industrielle Ryoei Saito.
Vor dem freien Fall
Danach erlebte der internationale Kunstmarkt eine drastische Rezession. Über zehn Jahre sollte es dauern, bis das Preisniveau von 1980 wieder erreicht wurde.
Ishiyamas Bilder führen zurück in die Zeit vor dieser „Kunst-Blase“, zu der der Blick auf Kunstauktionen noch geprägt war von ungetrübter Faszination.
Toplose der Fungrube-Auktion: Delftware, Volkskunst und mehr
Mit durch die Bank reger Beteiligung im Saal wie auch im Internet schloss die Fundgrube-Auktion vom 4. Mai gegen 19.30 Uhr nach fünfeinhalb packenden Stunden. Quer durch alle Kategorien von Silber über Kunsthandwerk und Möbel bis zu Altmeistern und Gemälden des 19. Jahrhunderts herrschte großes Interesse: Über 70 Prozent der knapp 800 Positionen wurden verkauft. Besonders gefragt waren diesmal unter anderem Objekte aus dem Umfeld der Volkskunst.
Eine Rarität: Delftware aus der 2. Hälfte des 17. Jh.
Zum spannendsten Los der Auktion allerdings entwickelte sich eine 21 cm hohe Fayencekanne mit Zinnglasur und blauem Chinoiserie-Dekor. Sie kletterte im Verlauf eines hitzigen Bietergefechts bis auf 3.780 Euro* Das gefragte Stück wurde wohl in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts in London hergestellt, als „delftware“, die in Anlehnung an niederländische Fayence zwischen dem späten 16. und dem ausgehenden 18. Jahrhundert in England überaus beliebt war.
Delftware à la mode
Nachdem sich die Produktion zunächst auf Alltagsgegenstände wie Schüsseln, Krüge oder Apothekergefäße konzentriert hatte, änderten sich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts die Schwerpunkte: In den Manufakturen wurde nun feineres Tafelgeschirr hergestellt, das sich im Dekor am Faible der gehobenen Gesellschaftsschichten für das aus China importierte Porzellan orientierte.
Volkskunst in der Fundgrube-Auktion
Gleich drei weitere Toplose der Fundgrube-Auktion stammen aus dem bäuerlichen Umfeld.
Zwei Hinterglasbilder aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, entstanden in Seehausen am Staffelsee, stiegen von 150 Euro Schätzpreis bis auf 630 Euro*. Als Motive zeigen sie Christus am Ölberg sowie Christus und Maria.
Zwei geschnitzte Holzfiguren wohl aus der Rhön – ein Bauernpaar auf Wanderschaft, gefertigt im 19. Jahrhundert –, erlösten 1.135 Euro*. Ein wohl aus Tirol stammender, teilweise bemalter Bauernschrank aus Nadelholz mit Eisenbeschlägen wurde für 1.260 Euro* zugeschlagen.
Ein weiteres Highlight: ein Konvolut von ca. 50 kleinen Flakons aus Glas, Silber, Porzellan und anderen Materialien. Die in verschiedensten Techniken gearbeiteten Miniaturfläschchen steigerten sich von einem Schätzpreis von 80 Euro bis auf 820 Euro*, bevor der Hammer fiel.