Altmeister bei der Weihnachtsauktion: Bayerischer Barock und mehr
Das Toplos bei den Alten Meistern stammt aus der Hand eines Malers, der das Erscheinungsbild des Barock in Bayern entscheidend mitprägte: Martin Speer (1702 – 1765). Altarbilder aus seiner hand finden sich von Garmisch bis Roding bei Cham, von Bad Kohlgrub bis Raitenhaslach bei Burghausen, von Michaelsbuch bei Deggendorf bis zum Kloster Sankt Emmeram in Regensburg.
Aus dem bäuerlichen Pfaffenwinkel ins Zentrum der Barockmalerei
Dabei stammt Speer ursprünglich aus einer bäuerlichen Familie aus der Gegend von Rottenbuch. Ein Probst des dortigen Chorherrenstifts entdeckte die große Begabung des Buben und sorgte für die Förderung seiner Talente. Zunächst gab der Gönner Speer zum in Meran tätigen Rottenbucher Maler Mattias Bußjäger in die Lehre. Im Anschluss finanzierte er weitere bildende Reisen, die den jungen Künstler bis zu dem Barockmeister Francesco Solimena nach Neapel führten – dem Zentrum katholischer Barockmalerei schlechthin.
Nach Bayern zurückgekehrt, ließ sich Martin Speer in Regensburg nieder, wo auch der Schwerpunkt seines Werkes liegt.
Das Altarbild “Die Heilige Anna lehrt Maria das Lesen”, das bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen zum Schätzpreis von 8.000 Euro angeboten wird, zeigt ein im 17. und 18. Jahrhundert beliebtes Motiv aus dem Marienleben. Zu einer Zeit, in der die Fertigkeit des Lesens und Schreibens noch immer ein Privileg der gehobenen Schichten war, wurde eins olches thema nicht nur benutzt, um Einblick in die Kindheit der Mutter Gottes zu gewähren. Es sollte auch die vornehme gesellschaftliche Abkunft Mariens herausstreichen.
Weitere Highlights bei den Altmeistern
Im Blickpunkt der Weihnachtsauktion: Hochkarätige Asiatika
Gleich drei Toplose der 39. Kunstauktion am 1. Dezember entfallen auf die Kategorie Asiatika: ein Jadebecher mit Bronzemontierung, eine sphärische Räucherkugel und eine Ritualglocke (Zhong).
Die Aufgabe der Ritualglocke (Zhong) lag in nichts Geringerem, als in der Herstellung der Harmonie zwischen menschlicher Gemeinschaft und kosmischer Ordnung. Ab dem 15. Jahrhundert v. Chr. gaben solche Bronzeglocken bei religiösen Ritualen wie auch bei staatlichen Anlässen die Tonhöhen für die Musiker vor. Der Klang der Ritualglocke galt als göttliches Prinzip, ihre Form im wahrsten Sinn als weltliches Maß der Dinge – das Innere war zugleich eine Maßeinheit für Getreide.
Das weltliche Maß der Dinge
Zhong-Glocken wurden einzeln, aber auch als Glockenspiel eingesetzt. Alle haben einen elliptischen Querschnitt, der bewirkt, dass die von außen angeschlagenen Glocken in zwei verschiedenen Tonhöhen im Abstand einer kleinen oder großen Terz erklingen, je nachdem, ob sie an der schmalen oder der breiten Seite angeschlagen werden. Dies war nur Dank einer äußerst hoch entwickelten Gusstechnik möglich. Diese war in China jedoch bereits zu vorchristlicher Zeit so präzise, dass die Glocken kaum nachgestimmt werden mussten.
Die bei Scheublein angebotene Ritualglocke ist aus grün patinierter Bronze gefertigt, mit in Gold eingelegten Motiven dekoriert und wird zu einem Schätzpreis von 10.000 Euro aufgerufen.
Die Räucherkugel (Xunqiu)
Ebenfalls aus dem rituellen Umfeld stammt die sphärische Räucherkugel (Xunqiu). In ihrem Inneren verbirgt die aufklappbare Kugel aus durchbrochenem Silber sphärische, bewegliche Ringe und eine kleine, kardanisch aufgehängte Schale für Räucherwerk.
Das teilweise vergoldete, mit Blattranken, Vögeln und Trauben dekorierte Objekt wird zu einem Schätzpreis von 5.800 Euro angeboten.
Ein Jadebecher mit Raubtierkopf-Henkeln
Drittes Highlight bei den Asiatika ist ein Jadebecher mit Bronzemontierungen, wohl aus der westlichen Han-Dynastie, der im zweiten oder ersten vorchristlichen Jahrhundert entstand.
Das Objekt aus weißgrauer, teils opaker Jade mit Kalzifizierungen ist mit vergoldeten Bronzemontierungen versehen – zum einen mit einem Raubtierkopf-Henkel, zum anderen mit einem an einer taotie-Maske angebrachten, beweglichen Ring. Es ist umlaufend mit Tieren und Wolken beschnitzt. Auf dem Deckel ruht ein plastisch geschnitzter, liegender Panther, außerdem sind dort drei Bronze-Vögel angebracht. Die kurzen Beine sind mit eingelegten Türkis-Cabochons verziert. Der Schätzpreis für den Jadebecher liegt bei 7.500 Euro.
Silber und Glas bei September-Auktion sehr gefragt
Mit einem überragenden Bieterinteressekonnte am 22. September um 20.30 Uhr die Herbstauktion bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen abgeschlossen werden. Von den gut 800 Positionen, die in der von Nikola und Michael Scheublein geleiteten Versteigerung ab 14 Uhr aufgerufen wurden, konnten über 80 Prozent zugeschlagen werden. In einzelnen Kategorien lag die Zuschlagsquote sogar noch höher.
Kernstück dieser 38. Kunstauktion war eine Privatsammlung aus dem Süddeutschen Raum, die neben Skulpturen, Altmeistern und Miniaturen auch Augsburger Silber und über 200 Positionen Glas umfasste. Auch diese Tatsache befeuerte das Käuferinteresse und trug mit zu dem ausgezeichneten Ergebnis bei.
Gleich eine ganze Reihe von Top-Zuschlägen war beim Silber zu verzeichnen.
Die größten Preissprünge in der Kategorie aber waren bei drei Nummern mit Miniatursilber zu verzeichnen. Die zu Schätzpreisen zwischen 300 und 600 Euro angesetzten Positionen mit Objekten aus den Niederlanden und England gingen schließlich für zusammen 14.100 Euro* in die Niederlande.
Bei der 215 Positionen umfassenden, exquisiten Glassammlung war das Bieter‑
interesse sogar noch höher als erwartet: 88 Prozent wurden zugeschlagen, die gesamte Sammlung konnte sich von ihrem Gesamt-Schätzpreis von 50.000 Euro auf einen Wert von 94.500 Euro* steigern.
Eine französische Tabatière aus der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts, auf 250 Euro taxiert, stieg bis auf 5.040 Euro*. Eine Façon de Venise-Flasche aus dem 16. / 17. Jahrhundert erlöste 4.160 Euro*. Die Glasobjekte gingen sowohl an private Sammler wie auch in den Handel.
38. Kunstauktion: Highlights bei den Altmeistern
Eine ganze Reihe an Entdeckungen ermöglicht bei der 38. Kunstauktion die Rubrik “Alte Meister”.
Albrecht Dürer und ein ganz besonderes Motiv
Ein in exzellenter Qualität ausgeführtes Ölgemälde auf Holz zeigt ein vor der Reformation kaum dargestelltes Motiv aus der Passions- und Osterzeit: Christus in der Vorhölle, nach einer Stichvorlage aus Albrecht Dürers “Kupferstichpassion” (Öl / Holz, 36 x 26,5 cm, Schätzpreis: 700 Euro).
Dabei ist es weder Markus, noch Matthäus, nicht Lukas, und auch nicht Johannes, der davon berichtet, wo sich Jesus in der Zeit zwischen Kreuzigung und Auferstehung aufhielt. Vielmehr ist es ein Evangelist namens Nikodemus, der beschreibt, wie Christus in einen Raum vor dem eigentlichen Höllentor hinabsteigt und die dort ausharrenden Seelen der Gerechten aus dem Alten Testament erlöst, darunter Adam und Eva.
Nikodemus‘ Text wurde nie in den offiziellen biblischen Kanon aufgenommen, er zählt zu den sogenannten ,apokryphen‘ Schriften, denen die Kirche absprach, wahre Überlieferungen aus dem Leben Christi zu sein. Dennoch blieben einige Motive daraus noch über Jahrhunderte hinweg im volkstümlichen Gedächtnis verankert.
Christus in der Vorhölle ist ein besonders bekanntes Beispiel für ein solches apokryphes Motiv. Besonders häufig wurde es zur Reformationszeit dargestellt. Allein Albrecht Dürer nahm es nicht nur in seine Kupferstichpassion, sondern auch in seine Große und Kleine Holzschnittpassion auf. Auch viele andere Zeitgenossen widmeten sich in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts diesem Thema, markiert es doch wie wenige andere biblische Sujets den Wandel von einem mittelalterlichen zu einem neuzeitlichen Gottesbild: Aus dem strafenden, die Seelen der Sünder in die Hölle entsendenden Gott wurde der gütige Vater, der durch die Entsendung seines Sohnes den Menschen Erlösung von Tod und Fegefeuer sowie ewiges Leben verspricht.
Ein Maler im Schatten seines Bruders
Mit der „Anbetung der Könige“ von Mathieu Frédeau (ca. 1580 – ca. 1642/54) begegnen wir einem noch nicht so bekannten, doch bemerkenswerten Künstler des 17. Jahrhunderts. Wie auch seine Brüder Jean und Ambroise stammte er aus einer Künstlerfamilie des 16. und 17. Jahrhunderts, die vermutlich aus dem Norden Frankreichs stammte und dann nach Paris gezogen war. Während Jean Frédeau Bildhauer und Architekt wurde, ließ sich Mathieu, ebenso wie sein bekannterer Bruder Ambroise, zum Maler ausbilden. Erhalten sind Darstellungen biblischer Motive von großer Detailfreude und atmosphärischer Dichte. Das in der Auktion am 22. September angebotene, in Öl auf Kupfer gemalte Bild ist mit einem Schätzpreis von 1200 Euro angesetzt.
Neue Facetten eines berühmten Kupferstechers
Noch von einem weiteren Künstler offenbart die Herbstauktion eine bislang kaum bekannte Facette. Von dem eher als Kupferstecher bekannten Niederländer Jan Popels (1590 – 1663), den Erzherzog Leopold Wilhelm von Österreich gemeinsam mit David Teniers mit der Erarbeitung eines Katalogs der italienischen Meister in seiner Gemäldesammlung beauftragt hatte, wird das Gemälde „Bacchus mit zwei Göttinen“ versteigert (Taxe: 800 Euro), das zeigt, dass er ein nicht weniger exzellenter Maler war.
38. Kunstauktion / Gemälde 19. u. 20. Jhd.: Englisches Landleben, griechische Moderne
Zu den Highlights bei den Gemälden des 19. Jahrhunderts gehören in der 38. Kunstauktion zwei Gemälde aus völlig unterschiedlichen künstlerischen Umfeldern: zum einen eine Landschaftsszenerie mit Schafen aus der Hand des Engländers Thomas Sidney Cooper (1803 – 1902), der die Darstellung landwirtschaftlicher Nutztiere zu einer nie gekannten Blüte trieb, zum anderen eine Mutter mit Kind des Griechen Nikolaos Lytras, der in der Malerei seines Heimatlands entscheidend zur Herausbildung einer Bildsprache im Sinn der klassischen Moderne beitrug.
Thomas Sydney Cooper: vom Kutschenanstreicher zum Wohltäter
Als Thomas Sydney Cooper 1803 in Canterbury auf die Welt kam, sprach wenig dafür, dass er einmal einen künstlerischen Beruf ergreifen würde können. Dazu waren die Verhältnisse, aus denen er stammte, viel zu bescheiden. Dennoch zeigte der Junge so großes künstlerisches Talent, dass man ihn als Zwölfjährigen immerhin nicht ungelernt in irgendeinem Betrieb schuften ließ, sondern zu einem Kutschenmaler in die Lehre gab. Acht Jahre lang pinselte er Schutzanstriche auf die Metallbeschläge von Karrossen und Fuhrwerken, arbeitete zwischenzeitlich auch als Bühnenmaler, dann ging er nach London.
Zunächst studierte und zeichnete er auf eigene Faust die Antiken im British Museum, dann wurde er doch noch zum Kunststudium an der Royal Academy zugelassen. Später übersiedelte er nach Brüssel, wo er bei Eugène Joseph Verboecken seine Fähigkeiten als Landschaftsund Tiermaler perfektionierte und sich mit der niederländische Malerei des 17. Jahrhunderts beschäftigte.
Deren typischer, tiefgezogener Himmel prägt nicht nur das vorliegende Gemälde „Schafe auf der Weide“, sondern auch viele andere Darstellungen landwirtschaftlicher Nutztiere, mit denen Cooper ein Vermögen erwarb. Seinem deshalb kursierenden Spitznamen „Kuh-Cooper“ zum Trotz war der bis ins hohe Alter aktive Maler nicht nur ein vielgeehrtes Mitglied der Royal Academy, sondern auch ein Wohltäter seiner Heimatstadt Canterbury. Dort stiftete er mehrere Armenhäuser und auch eine Kunstgalerie, in der bis heute Ausstellungen abgehalten werden.
Ein Wegbereiter der griechischen Moderne
Nikolaos Lytras (1883 – 1927) repräsentiert auf der einen Seite noch die Tradition, in der die griechische Malerei im 19. Jahrhundert stand: Wie auch sein Vater Nikiforos Lytras hatte Nikolaos in München studiert, jener Kunststadt, der Athen seit der Entsendung des bayerischen Prinzen Otto nach Griechenland im Jahr 1832 eng verbunden war.
Doch zugleich gehört Nikolaos Lytras auch zu jenen Malern, die der Kunst seines Heimatlandes während und kurz nach dem 1. Weltkrieg den Weg in die Moderne wiesen. Mit Gleichgesinnten gründete er 1917 die „TechniGruppe“, die sich zum Ziel gesetzt hatte, mit der akademischen Malerei, vor allem aber mit dem Stil der „Münchner Schule“ zu brechen.
Die Gruppe veranstaltete nur zwei Ausstellungen: Eine 1917, die zum Zeichen des Bruchs mit der akademischen Tradition in den Redaktionsräumen einer Zeitung stattfand, eine zweite 1919 in der avantgardistischen Galerie la Boétie in Paris. Beide wurden vom griechischen Premierminister Eleftherios Venizelos eröffnet, der sich für die Erneuerung der Kunst seines Heimatlandes vehement einsetzte. Doch Umbrüche des 20. Jahrhunderts ließen die Künstler der „TechniGruppe“ bald in Vergessenheit geraten. Eine Ausstellung im Byzantinischen Museum in Athen, aber auch das vorliegende Ölgemälde „Mutter mit Kind“ laden ein, sich mit diesem spannenden Kapitel griechischer Kunstgeschichte erneut zu beschäftigen.
Große Glas-Sammlung: Vom Glanz der Jahrhunderte
„Glück und Glas, wie schimmern sie nicht, die zerbrechlichen, beide“, schrieb der Philosoph und Schriftsteller Friedrich Ludewig Bouterweck (1766 – 1828). Wie eng Glas – stets angesiedelt an der Schnittstelle zwischen Kunst und Nützlichkeit – auch den politischen und gesellschaftlichen Wandel der Jahrhunderte spiegelt, zeigt eine aus Süddeutschland stammende Glassammlung mit über 250 Objekten, die in der Auktion am 22. September versteigert wird. Diese spannen den Bogen von der Antike bis zur Glaskunst der 1980er Jahre.
Murano und die Folgen
Einer der Höhepunkte dieser Sammlung ist ein dünnwandiges, um 1600 entstandenes Weinglas (Kat.-Nr. 145), das entweder auf Murano entstand oder in der Werkstatt eines von dort geflüchteten Glasmachers.
Weinglas, Venedig oder Façon de Venise, um 1600, Schätzpreis: 800 Euro.
Bereits 1271 hatte Venedig sämtliche Glashütten auf die nahegelegene Insel verbannt, nicht nur wegen der Brandgefahr, sondern auch, um zu verhindern, dass die Geheimnisse dieses luxuriösen Exportguts nach draußen getragen wurden. Eines davon lag in der Beimischung von Soda: es hält die Glasmasse relativ lange formbar und ermöglicht so die Herstellung von jenem hauchdünnen Glas, für das Murano berühmt war.
Almorratxa (Rosenwasser-Sprenggefäß), Venedig oder Katalonien, 16./17. Jahrhundert, Schätzpreis 600 Euro
Venedig selbst bezog Soda vor allem aus Spanien, wo es ebenso eine blühende Glaskultur gab (vgl. Kat.-Nr. 153, 154), wie auch in einigen großen Handelszentren nördlich der Alpen, in denen sich venezianische Glasmacher niederließen. Denn nur die Reichweite eines Seehafens, beispielsweise in den Niederlanden, konnte die Nachlieferung von Soda dauerhaft sichern (vgl. u.a. Kat-Nr. 148).
Doppelhenkelvase, Kastilien, 18. Jh. (wohl Recuenco), Schätzpreis 600 Euro
2 Kelchgläser, Venedig 16./17. Jahrhundert bzw. Façon de Venise (wohl Niederlande), 17. Jh , Schätzpreis 600 Euro
Glaskultur nördlich der Alpen
Doch auch in den waldreichen Regionen nördlich der Alpen hatte sich eine blühende Glaskultur herausgebildet, nicht jedoch wie im Mittelmeerraum eng verknüpft mit den Städten, sondern auf Waldlichtungen, in deren Umgebung sämtliche Rohstoffe, vom Sand bis zum Brennholz für die Öfen, unmittelbar vor Ort waren.
Als sich im 18. Jahrhundert mit dem Niedergang der Serenissima auch jener der Glasproduktion auf Murano abzeichnete, hatte sich in Böhmen, Schlesien und Mitteldeutschland längst eine andere Form der Glaskunst etabliert: der Glasschnitt. Er hatte sich aus der Steinschneidekunst der Spätrenaissance entwickelt, die Kaiser Rudolf II. in Prag stark forciert hatte. Binnen eines Jahrhunderts war die Kunst, filigrane Muster in Glasoberflächen zu ritzen, zum stilprägenden Element der an den Höfen benutzten Gläser geworden (siehe u.a. Kat.-Nr. 169 ff., 208 ff.).
Pokal, Schlesien / Warmbrunn, um 1750, Christian Gottfried Schneider (zugeschrieben), Schätzpreis 800 Euro
Deckelpokal, Potsdam/Berlin, 1. Viertel 18. Jhd., mit Wappen des Hl. Römischen Reiches Deutscher Nation, Schätzpreis 1.000 Euro
Glas wird Bürgerlich
Mit der französischen Revolution und dem gesellschaftlichen Umbruch in ganz Europa wandelte sich auch der Glas-Geschmack: Prunkvolle, geschnittene Pokale galten als überlebt, die schlichte, bürgerlich orientierte Stilwelt des Biedermeier hielt Einzug.
Fußbecher des Biedermeier mit verschiedenen Dekoren
Die alten Glaszentren, vor allem Böhmen, erlebten einen Einbruch, konnten sich aber bereits in den 1820er Jahren wieder gut am Markt positionieren: Zum einen mit farbigem Glas, wie es die Romantiker favorisierten (Vgl. Kat-Nr. 285ff.), zum anderen mit der Erfindung des opaken Steinglases durch Georg Graf von Buquoy, zunächst in Schwarz und Siegellack-Rot (vgl. Kat-Nr. 245 ff.), später auch in blassen, matten Farbtönen (vgl. Kat-Nr. 255 ff.).
Steinglas in Schwarz, aus der Glashütte des Grafen von Buquoy
Steinglas in Pastell-Farbtönen
Der Jugendstil brachte auch in der Glaskunst eine weitere stilistische Wende hervor, mit einer Vielzahl an neuen Formen und Dekorelementen. Eines davon: irisierende Oberflächen, die durch das Bedampfen der Glasmasse mit Metalloxiden erzeugt wurden (vgl. z.B. den irisierenden Tiffany-Flakon, Kat-Nr. 318).
Irisierendes Glas des Jugendstil
Inspiriert worden war dieser Dekorstil u.a. durch Funde antiker römischer Gläser. Aufgrund von Verwitterungsprozessen schienen sie an der Oberfläche von einem weißen, schimmernden Schleier überzogen – ein Effekt, an dem sich die Kreativität der Glaskünstler entzündete. Dieses Moment ist ein Paradebeispiel für die Entwicklung der Glaskunst, die sich aus sich selbst heraus immer wieder neu erfindet.
Ergebnisse der Juni-Auktion (IV): Silber und Graphik
Glänzen konnten in der Auktion vom 30. Juni 2017 auch die Kategorien Silber und Graphik; eines der absoluten Highlights darunter war die Serie “Surrealistic Flowers” von Salvador Dalì (ein Blatt daraus sehen Sie oben). Die insgesamt zwölf Farblithographien, in denen der exzentrische Künstler die Formen der Blüten charmant in anatomische Details oder Alltagsgegenstäne übergehen lässt, kamen für 6.550 Euro* unter den Hammer.
Die größte Steigerund bei der Graphik konnte ein Selbstporträt von Ilja Efimovich Repin verzeichnen: Die auf 1887 datierte schwarze Kreidezeichnung kletterte im Verlauf eines packenden Bietergefechts von 2.500 Euro Schätzpreis auf 9.580 Euro*.
Ebenfalls einen guten Preis erzielte eine Kreidezeichnung nach Repins lebensgroßem Porträt des Dichters Leo Tolstoi (mehr über Repins Leben und Porträtkunst lesen Sie im Archiv unseres Blogs). Sie wurde für 4.540 Euro verkauft.
Bestverkauftes Los beim Silber waren die als komplettes Ensemble erhaltenen Den Haager Kerzenleuchter aus dem 18. Jahrhundert. Sie wurden für 7.560 Euro* zugeschlagen.
Eine Mondsichelmadonne, gefertigt in der 1890 gegründeten Silberschmiede Neresheim in Hanau, erzielte 5.040 Euro*. Die silberne, teilvergoldete Figur mit Elfenbeinelementen geht auf einen bereits in der Gotik bekannten, vor allem aber im Zuge der Gegenreformation beliebt gewordenen Madonnentypus zurück: Hierin wird das Bild der Mutter Gottes mit dem Jesuskind mit dem des “Apokalyptischen Weibs” aus der Offenbarung des Evangelisten Johannes verquickt. Maria als Lichtgestalt ist von Sonne, Mond und Sternen umkleidet. Das Böse kann ihr und allen, die sich unter ihren Schutz begeben, nichts anhaben.
Und noch ein weiteres Traditionshaus konnte bei der Juni-Auktion von SCHEUBLEIN Art & Auktionen punkten: Die 1810 gegründete Silbermanufaktur Wilkens in Bremen. Zehn Teller mit poliertem Rosenblattrand wurden für 3.780 Euro* verkauft.
Ergebnisse der Juni-Auktion (III): Möbel und mehr
Die 37. Kunstauktion am 30. Juni 2017 bot noch einmal eine große Bühne für unseren “Kaffee trinkenden Mohr”: Der überaus kunstvoll gefertigte Musikpuppenautomat, der auch das Cover unseres Katalogs zierte, wurde für 10.080 Euro* verkauft. Auch München stand bei den Top-Ergebnissen im Vordergrund, doch diesmal nicht so sehr mit Malerei der Münchner Schule, als mit Jugendstil-Möbeln und Porzellan aus der kunstsinnigen Weltstadt an der Isar.
Großer Auftritt für den Mohren
Das Meisterwerk mechanischer Handwerkskunst, das Anfang des 20. Jahrhunderts im für derlei Luxusobjekte berühmten Pariser Viertel Marais entstanden war, ging an einen privaten Sammler. Mehr zum historischen Hintergrund solcher Musikautomaten lesen Sie im Archiv unseres Blogs.
Run auf Jugendstil-Raritäten
Ein intensives Bietergefecht ging auch dem Zuschlag für das Tagesbett und den Armlehnstuhl des Architektenduos Henry Helbig und Ernst Haiger voraus, die das Bild der Jugendstil-Epoche in München bis heute prägen (mehr dazu im Archiv unseres Blogs).
Nymphenburger Service vorne
Was beim Porzellan gar nicht so oft vorkommt: Die besten Preise erzielten keine figürlichen Objekte, sondern drei Service, die auch noch alle drei aus der wohl idyllischsten Manufaktur Deutschlands stammen: Nymphenburg. Spitzenlos war ein 152-teiliges Kaffee- und Speiseservice in Weiß-Porzellan der Form “Gerippt”. Diese Service-Form gilt schon längst als Design-Klassiker: Bereits 1971 wurde sie in den Bestand der Neuen Sammlung München aufgenommen, dem ältesten Design-Museum der Welt.
Ergebnisse der Juni-Auktion (II): Wein und Asiatika
Die bei der Juni-Auktion 2017 erstmals vertretene Kategorie Wein gehörte auf Anhieb zu einer der Rubriken, bei denen die größten Steigerungen zu verzeichnen waren. Auch eine Gruppe tibetischer und tibetochinesischer Statuen aus feuervergoldeter Brone erzielten Top-Ergebnisse.
Spitzenresultate für Weine der Domaine de la Romanée-Conti
Top-Ergebnisse für Asiatika aus Tibet
Das am höchsten bebotene Los bei den Asiatika war ein nur 16,5 cm hoher Sitzender Lama aus dem tibetochinesischen Raum, der wohl aus dem 18. Jahrhundert stammt. Die in vergoldeter Bronze gearbeitete Figur zeigt einen Lama im Meditationssitz auf drei unterschiedlich gemusterten Kissen, über die ein Teppich gebreitet ist. Links und rechts der Arme ragt je eine Lotusblüte auf, deren Stielende in den Händen des Lama liegt. Die Statue erlöste 10.080 Euro.*
Ergebnisse der Juni-Auktion (I): Gemälde von Alten Meistern bis Impressionismus
Die Auktion vom 30.06. endete mit einem dramatischen Bietergefecht: Für die vorletzte Nummer, Carl Ferdinand Wimars “Indianer mit Pferden” (oben, Öl/Lwd., 32 x 39,5 cm) überboten sich Interessenten im Saal und an über zehn Telefonen. Der Hammer fiel schließlich bei 115.000 Euro, was einem finalen Verkaufspreis von 144.900 Euro entspricht*. Das Bild ging in den internationalen Kunsthandel. Hintergrund-Informationen zu diesem Gemälde finden Sie im Archiv unseres Auktionsblogs.
Bei den Ergebnissen punkten vor allem Alte Meister, Asiatika und Graphik
Insgesamt wurden bei der rund fünfstündigen Kunstauktion, die Nikola Scheublein pünktlich um 14 Uhr eröffnete, knapp 650 Objekte
aufgerufen und rund 70 Prozent davon zugeschlagen. Die Versteigerung erzielte nicht nur bei den Gemälden des 19. und 20. Jahrhunderts insgesamt gute Ergebnisse, sondern auch bei den Alten Meistern, den Asiatika und der Graphik sowie in der erstmals in das Angebot aufgenommenen Kategorie Wein. Mehr zu letzteren lesen Sie in den nächsten Tagen.
Zweites Toplos: Griffiers “Eisvergnügen”
Das kleinteilig gestaltete Gemälde (Öl/Kupfer, 42 x 54 cm) des in England geborenen niederländischen Landschaftsmalers Robert Griffier (1675 – 1760) mit einer pittoresken Winterlandschaft war mit einem Schätzpreis von 28.000 Euro angesetzt worden. Es ging, ebenfalls nach einem packenden Bietergefecht, in den europäischen Kunsthandel. Zum spannenden kulturhistorischen Hintergrund des Gemäldes lesen Sie mehr im Archiv unseres Auktionsblogs.
Gutes Ergebniss auch für Slevogt-Ölskizze
Auch die Ölskizze “Pfälzer Landschaft” (Öl / Karton, 20 x 37 cm) aus der ,Neukasteler Periode’ des deutschen Impressionisten Max Slevogt verkaufte sich weit über ihrem Schätzpreis und ging für 22.680 Euro* an einen privaten Sammler. Der in Landshut geborene Slevogt (1868 – 1932) hatte auf Ölskizzen wie dieser bei Streifzügen durch die Umgebung von Landau in der Pfalz die Landschaft als Motiv für sich entdeckt. Auch hierzu finden Sie Interessantes im Archiv unseres Blogs.
WEITERE TOP-ERGEBNISSE GEMÄLDE
Fedor Pavlovich Briullov: Porträt eines jungen Mannes, 4.660 Euro*
Carl Spitzweg zugeschrieben: Landschaft mit Windmühlen und einem Bauernhaus, 4.540 Euro*
Franz Walde: Winter in den Bergen, 4.285 Euro*