Toplose am 3. Dezember: Eine “Anbetung” von Hieronymus III. Francken
Zu Beginn der Adventszeit richtet sich das Augenmerk bei der Auktion am
3. Dezember natürlich – auch – auf weihnachtliche Szenarien. Das Spitzenlos der Auktion aus der Kategorie Altmeister zeigt eine solche: eine in Öl auf Kupfer gemalte „Anbetung der Hirten“ aus Flandern. Sie ist mit einem Schätzpreis von 12.000 Euro angesetzt.
Hieronymus III. Francken: Teil eines künstlerischen “Familienbetriebs”
Erst seit einiger Zeit schreiben Experten das Genmälde nicht mehr dem Antwerpener Maler
Frans Francken II. (1581 – 1652) zu, sondern dessen zweitem Sohn, Hieronymus Francken III. (1611 – nach 1661). Die Nähe der Stile ist nicht nur darin begründet, dass Hieronymus in der Werkstatt seines Vaters
sein Handwerk erlernte, sondern dass er, ebenso wie seine Brüder und Onkel, dort mitarbeitete.
Denn die Malerdynastie Francken, begründet von Hieronymus’ Urgroßvater Nicolas Francken (1526 – 1596), hatte sich in der größten Stadt Flanderns einen Ruf erworben, dem auch die wechselvollen Jahre des ausgehenden 16. Jahrhunderts nichts hatten anhaben können.
Wechselvolle Jahre für Antwerpen
Um 1600 begann sich die Stadt allmählich
von den Glaubensstreitigkeiten des späten 16. Jahrhunderts und der Belagerung durch spanische Truppen
1584/85 sowohl im Hinblick auf ihre Bevölkerungszahl wie auch wirtschaftlich zu erholen. Ab 1620 folgte eine erneute Blüte, die sich auf einen intensiven Handel mit Italien, Spanien und den Kolonien in Ost-und Westindien gründete. Dies etablierte den bürgerlichen Mittelstand als Zentrum ökonomischer und stadtpolitischer Macht, aber auch als Auftraggeber von Künstlern.
Für die Kunstkammern der Bürger
Entsprechend richteten krisenerprobte Ateliers wie das der Franckens ihre Produktion an den privaten Kunstkabinetten aus: Aus räumlichen Gesichtspunkten, aber auch im Hinblick auf eine möglichst
intime Betrachtung und die Erschwinglichkeit eines Bilds wurden kleinere Formate bevorzugt.
Gefragt: Weihnachtliche Motive
Auch war diese Käuferschicht weniger an künstlerischen Extravaganzen interessiert als an gängigen mythologischen oder biblischen Szenen. Bildthemen rund um die Geburt Christi, so die Kunsthistorikerin Ursula Alice Härting in ihrem Oeuvrekatalog zu Frans Francken II., gehörten zu den gefragtesten Motiven.
Die Zusammenarbeit Hieronymus’ III. Franckens mit seinem Vater Frans Francken II.
Um die Nachfrage decken zu können, beschäftigte Frans Francken II. nicht nur eine große Zahl an Lehrlingen; auch seine drei Söhne blieben selbst nach ihrer Ausbildung eng in den Atelierbettrieb eingebunden. Gerade die innerfamiliäre Zusammenarbeit bietet Forschern ein weites Feld.
„Die Zusammenarbeit zwischen Frans II. und seinem Sohn Hieronymus III.“, so Härting, „war wohl sehr viel intensiver, als man vermutete und es bisher nur für das Verhältnis von Frans II. und Frans III. zugrunde
legte.“ Auch das vorliegende, nun Hieronymus III. zugeschriebene Bild legt von dieser Nähe ein beredtes Zeugnis ab.
Ergebnisse der Sommerauktion (II): Asiatika, Kunsthandwerk, Möbel
Eine auf über vierzig Positionen aufgeteilte Sammlung mit Netsuke und Okimono, primär aus dem späteren 19. Jahrhundert, stand bei der Kategorie Asiatika im Zentrum des Bieterinteresses und erlöst insgesamt gut 13.700 Euro*. Ein besonders intensives Bietergefecht entbrannte um einen Totenkopf mit Schlange, der – wie der Großteil der Sammlung – in Elfenbein gearbeitet ist. Die 5 Zentimeter hohe Schnitzerei (oben links) kletterte von einem Schätzpreis von 800 Euro bis auf 2.800 Euro* und ging in den Kunsthandel. Weitere besonders intensiv bebotene Objekte waren ein Glücksspatz (Fukura Suzume) aus der Edo Zeit, der für 1.070 Euro* zugeschlagen wurde, eine sich putzende Katze (Zuschlag 820 Euro*), die Darstellung eines Schirmmachers (oben rechts, Zuschlag 760 Euro*) sowie ein Pfirsich mit Spinne (Zuschlag 690 Euro*).
Kunsthandwerk: Klosterarbeiten mit Reliquien
Zwei Paare von Altarpyramiden aus dem 18./19. Jahrhundert entwickelten sich zu Spitzenlosen im Bereich Kunsthandwerk. Die Objekte sind ausgesucht schöne Beispiele für Klosterarbeiten, mit denen ab dem 18. Jahrhundert in Frauenklöstern unter Einsatz von unendlicher Zeit und Geduld aus Golddraht, Glassteinen, Borten und Perlen Einfassungen für Reliquienmedaillons und -splitter gearbeitet wurden. Die vorliegenden Arbeiten sind jeweils in mit Gold gefassten Holzgehäusen präsentiert, die seitlich mit geschnitzten Akanthusranken und Blüten verziert und von einem Blumenkorb bekrönt sind. Die beiden Positionen mit je zwei Altarpyramiden ersteigerte ein privater Sammler für je 3.500 Euro*.
Möbel: Ein barocker Sekretär
Bei den Möbeln war es vor allem ein
Tabernakelsekretär aus dem 18. Jahrhundert, der im Fokus des Interesses stand. Das imposante Stück mit einer Höhe von über zwei Metern ist mit verschiedenen Hölzern furniert sowie intarsiert. Für gut 10.000 Euro* ging es in den Kunsthandel.
* Alle Angaben der Zuschlagspreise inkl. Aufgeld (26%) und ohne Gewähr. Irrtum vorbehalten.
Ergebnisse der Sommerauktion (I): Graphik, Altmeister
Ein Aquarell von Max Pechstein, eine qualitativ überaus hochwertige „Himmelfahrt Mariens“ aus dem barocken Italien sowie eine Sammlung mit Netsuke des späten 19. Jahrhunderts standen im Blickpunkt der Sommerauktion von SCHEUBLEIN Art & Auktionen am 2. Juli. Im Saal, per Telefon sowie übers Internet waren an die 650 Bieter beteiligt, über 70 % der Objekte konnten zugeschlagen werden. Besonders gefragt waren, neben Graphik und Asiatika, Kunsthandwerk, Silber und Schmuck sowie die erstmals vertretene Kategorie Taschen.
Spitzenlos: Ein Aquarell von Max Pechstein
Wie erwartet, entwickelte sich das Aquarell „Dorfstraße in Leba“ (oben), das Max Pechstein 1921 in seinem ersten Sommer an der pommerschen Ostseeküste malte, zum Spitzenlos der Auktion. Das Blatt spiegelt den kraftvollen, dynamischen Stil, in dem der ehemalige Brücke-Künstler in den 1920er-Jahren vor allem Landschaften in Szene setzte. Häufig nutzte Pechstein hierfür eine das Bild dominierende Diagonale – hier die einfallende Sonne –, die die gesamte Komposition mit Energie auflud. Die „Dorfstraße in Leba“ mit ihren markanten Komplementärkontrasten Rot-Grün und Orange-Blau kletterte im Verlauf eines intensiven Bietergefechts von ihrem Schätzpreis von 12.000 Euro bis zu einem Zuschlag on 69.000 Euro*; das Blatt ging an eine Unternehmensgruppe mit Kunstsammlung.
Ebenfalls gefragt: Barocke “Himmelfahrt Mariens”
Eine bis ins kleinste Detail überaus qualitätvolle „Himmelfahrt Mariens“, wohl aus dem Italien des 17./18. Jahrhunderts, entwickelte sich zum Spitzenlos bei den Alten Meistern. Die Darstellung folgt dabei exakt dem Typus der Himmelfahrts-Darstellungen, die sich in der Hochrenaissance und im Barock in Anlehnung an die Himmelfahrt Christi herausgebildet hatten. Maria wird in Wolken von Engeln nach oben getragen, unter ihr bleiben die betenden oder aufblickenden Apostel zurück, die sich um den leeren Sarkophag vereinen. Für knapp 33.000 Euro* ging das gut einen Meter breite Gemälde an einen privaten Sammler.
* Alle Angaben der Zuschlagspreise inkl. Aufgeld (26%) und ohne Gewähr. Irrtum vorbehalten.
Highlights der Juli-Auktion (IV): Zwei Kelly-Bags
In der Juli-Auktion feiert eine neue Kategorie bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen Premiere: Handtaschen. Im Blickpunkt dabei stehen zwei absolute Stars: Kelly-Bags von Hermès aus den frühen 1990er- Jahren.
Die Anfänge der Kelly-Bag
Einst war die spätere Kelly-Bag eine der ersten Handtaschen, mit denen die damals noch auf Sättel, Satteltaschen und Reisegepäck spezialisierte Firma Hermès ihren Weltruf als Marke für exquisiteste Modeaccessoires begründete. Der „Petit Sac Haut à Courroies“ wurde 1935 von Robert Dumas, einem der Schwiegersöhne des Firmeneigners Émile Hermès, als kleines Pendant zu den schon damals gesuchten Reisetaschen entworfen. Obwohl sie sich zunächst nicht unbedingt als Verkaufsschlager entpuppte, blieb sie permanenter Bestandteil des Sortiments.
Wie die Kelly-Bag zu ihrem Namen kam
Zu ihrem Namen – und zu Weltruhm – gelangte die Tasche dann in den 1950er Jahren: Schauspielerin Grace Kelly trug einen solchen „Petit Sac“ am Tag ihrer Verlobung mit dem Fürsten Rainier von Monaco, und später in diesem Jahr, als sie, inzwischen verheiratet, durch die USA reiste: Während dieser Tour benutzte verschiedene Modelle der vergleichsweise großen Handtasche, um die beginnenden Rundungen ihrer Schwangerschaft zu verdecken. Die Tasche mit dem Überschlag und der markanten Schnalle wird bis heute in verschiedensten Ledervarianten hergestellt, ältere Modelle sind gesuchte Sammlerstücke.
Die Kelly-Bags der Sommerauktion
Die oben gezeigte “Kelly Bag 28” aus rotem und grünem Boxcalf-Leder wurde 1992 angefertigt; sie wird mit einer Taxe von 1.200 Euro aufgerufen. Ein Pendant aus beigem Boxcalf-Leder aus dem Jahr 1994 wird auf 1.800 Euro geschätzt.
Weitere Vintage-Handtaschen
Ergänzend präsentiert die Kategorie Vintage-Handtaschen weiterer weltberühmter Modelabel: Eine weiße, rechteckige Chanel-Tasche mit V-förmigem Steppmuster wird zum Schätzpreis von 260 Euro angeboten. Eine Fendi-Tasche aus geprägtem, beigem Leder startet mit einer Taxe von 220 Euro. Eine Doppelposition mit einer schwarzen, auch als Clutch tragbaren Tasche von Christian Dior und einer ebenfalls schwarzen Tasche von Gucci ist auf 360 Euro taxiert.
Highlights der Juli-Auktion (III): Netsuke
Bei den Asiatika sticht eine Sammlung von über 40 Netsukes hervor, die fast alle in Elfenbein gearbeitet sind. Sie gehen großenteils auf die Meiji-Zeit (1868 – 1912) zurück, eine Phase des Umbruchs, während der Japan seine 1853 begonnene Öffnung nach Westen fortsetzte. Forscher, Diplomaten und Handlungsreisende kamen ins Land, das Land nahm an den Weltausstellungen in Paris und Wien teil; viele Japaner begannen, sich westlich zu kleiden.
Ein Wandel, im Großen wie im Kleinen
Auch für die zu diesem Zeitpunkt etwa ein Jahrhundert alte Kunst des Schnitzens von Netsuke – kleinen Anhängern, mit denen Taschen am Obi, dem Gürtel des Kimono befestigt werden konnten – bedeutete diese Epoche eine tiefgreifende Veränderung: Die funktionale Bedeutung dieser Skulpturen en miniature ging zurück, dafür entdeckten westliche Sammler wie die Schriftsteller Edmond und Jules de Goncourt, der Hofjuwelier des Zaren, Carl Fabergé oder der Verleger Albert Brockhaus die Figürchen als Objekte der Liebhaberei und Inspiration.
Netsuke in gängigen und ungewöhnlichen Formen
Die vorliegende Sammlung umfasst vor allem Netsuke aus kostbarem, widerstandsfähigem Elfenbein, das aus Thailand und Indien importiert und vor allem von Schnitzern in Osaka, Kyoto und Edo verarbeitet wurde; daneben sind auch Objekte der ebenfalls gängigen Materialien Holz (Kat-Nr. 233, 257) und Bein (Kat.-Nr. 233) vertreten.
Die meisten Stücke wurden in der gebräuchlichsten, kompakten katabori-Form angefertigt, eine Position weist aber auch Objekte der flachen Manju-Form auf (Kat-Nr. 240), eine weitere ist eine Kagamibuta, eine Dose mit Deckel (Kat-Nr. 234).
Die Motiv-Vielfalt der Netsuke
Von den dargestellten Motiven her reflektiert die vorliegende Sammlung das klassische Spektrum, das auch angefertigt wurde, als Netsuke noch als Kleidungsstücken getragen wurden – vor allem Kaufleute schmückten sich gerne mit kostbaren und ausgefallenen Netsuke, da es ihnen als niedrigster gesellschaftlicher Klasse nicht erlaubt war, anderen Schmuck zu tragen.
Es gibt Figuren des täglichen Lebens – Handwerker (Kat-Nr. 247) und Bauern (Nr. 246), Mütter (u.a. Kat-Nr. 244) und Kinder (u.a. Nr. 254), Musiker (Kat-Nr. 251) und Tänzer (Kat-Nr. 242).
Götter wurden genauso dargestellt wie Sagengestalten (u.a. Kat-Nr. 253, 248).
Ein besonderes Interesse galt Tierdarstellungen, sowohl nach der Natur (Kat-Nr. 224, 231) wie auch als Glücks-Symbol (Kat-Nr. 227).
Diverse Objekte zeigen auch japanische Tierkreiszeichen – Pferde (Kat-Nr. 220, 221.222), Ochsen (Kat-Nr. 228), Wildschweine (Kat-Nr. 230), Ratten (Kat-Nr. 232) oder Tiger (Kat-Nr. 225) – die in dem Jahr getragen wurden, in dem das jeweilige Tierkreiszeichen herrschte. So konnte man einst schon mit einem winzigen Figürchen zeigen, dass man immer mit der Zeit ging.
Highlights der Juli-Auktion (II): Drei Lithographien von Barbara Hepworth
In der Kategorie “Kunst nach 1945” bilden drei Graphiken aus der Hand der Bildhauerin Barbara Hepworth (1903 – 1975) ein besonderes Highlight. Die Blätter aus dem Lithographie-Zyklus „Aegean Suite“ geben einen faszinierenden und berührenden Einblick in die Beobachtungsweise und kreativen Denkprozesse der britischen Künstlerin.
Barbara Hepworth und Griechenland
Mit ihrer Griechenlandreise im August 1954 erfüllte sie sich nicht nur einen lang gehegten Traum. Sie versuchte damit auch, über einen schweren Schicksalsschlag hinwegzukommen: den Tod ihres ältesten Sohns Paul, der während seines Diensts bei der Royal Airforce verunglückt war.
Ein superbes Gefüge aus Hügeln und Ebenen
Der Besuch der Stätten des klassischen Altertums, aber auch der ägäischen Inseln, gab ihr neuen Mut und Schaffenskraft: „Die Inspiration war fantastisch“, schrieb die Künstlerin nach ihrer Rückkehr. „In Mykene rannte ich, mein Notizbuch in der Hand, wie ein Hase die Hügel hinauf, um ja vor allen anderen oben zu sein und die absolute Wucht der Einsamkeit für mich zu haben. Ich machte viele Zeichnungen für neue Skulpturen (…) Diese Formen waren meine Erfahrung dort oben. Nach meinem Bad in der Einsamkeit wartete ich auf die 199 Menschen, die ich hinter mir gelassen hatte, und beobachtete ihre Bewegungen und wie sie reagierten, als sie die Architektur in diesem superben Gefüge aus Bergen, Hügeln und Ebene betraten. Das war zugegebenermaßen sehr unsozial, aber ich hatte dreißig Jahre darauf gewartet, hierher zu kommen.“
Farben, Räume, Proportionen
Auch die Farben des südlichen Landes lösten schiere Begeisterung aus: „Indigo-Meer, das, wenn sich das Licht von den Klippen darin spiegelt, reinstes Himmelblau wird“, notiert die Künstlerin. „Diese indianisch-roten und rosanen Hügel – klösterlich purpurne Berge bei Sonnenuntergang, was die Grüntöne zur wildesten Vitalität intensiviert. Die Akropolis – die Zwischenräume zwischen den Säulen – die Tiefe ihrer Riffelung zu berühren – ihr Umfang, Gewicht und Volumen – die Großartigkeit eines einzigen Marmorblocks, das Loch am oberen Ende. Die leidenschaftlich warme Farbe des Marmors und diese alles durchdringenden philosophischen Proportionen und Räume.“
Barbara Hepworth’ “Aegean Suite”
Die Eindrücke der Reise wirkten für den Rest ihres Lebens nach. Noch in ihrem Spätwerk, als Barbara Hepworth begann, mit Lithographie zu experimentieren, widmete sie von den insgesamt nur zwei von ihr angefertigten lithographischen Serien eine der Form- und Farbenwelt Griechenlands. Aus dieser 1971 erschienenen „Aegean Suite“ liegen in dieser Auktion drei Blätter vor – „Sun and Water“, „Sun and Marble“ (ganz oben) und „Desert Forms“ -, die jeweils auf einen Schätzpreis von 1200 Euro taxiert sind. Sie spiegeln nicht nur Hepworth’ Faszination für die Vollkommenheit klassischer Formen, sondern auch für das oben beschriebene, einzigartig intensive Farbenspiel der Landschaften in der hellenischen Inselwelt.
Highlights der Juli-Auktion (I): Ein Aquarell von Max Pechstein
Das auf 1921 datiertes Aquarell „Dorfstraße in Leba“, angeboten zu einem Schätzpreis von 12.000 Euro, entführt in eine Schaffensphase, in der sich Max Pechstein (1881 – 1955) längst von den Künstlern der „Brücke“ und der „Neuen Secession“ gelöst hatte und sich im Rahmen der „Novembergruppe“ auch politisch engagierte.
Max Pechstein und das Meer
Seine Liebe zum Meer hatte er über all diese Jahre beibehalten: Schon 1909 hatte der Maler in der Künstlerkolonie Nidden am kurischen Haff die Schönheit der Ostsee für sich entdeckt; nach seiner ausgedehnten Südseereise 1913/14 und dem Ersten Weltkrieg kehrte er an das Binnenmeer im Norden Deutschlands zurück. Ab dem Frühjahr 1921 verbrachte Pechstein jährlich viele Wochen in Leba an der pommerschen Ostseeküste. Hier faszinierten ihn der ständige Wandel der Lichtstimmungen und die Farben der Strandlandschaften rund um das Fischerdorf immer wieder neu.
Die Küste als künstlerische Triebfeder
„Wichtigste thematische Triebfeder waren immer das Meer und die Ereignisse in Küstennähe, Jahreszeitenwechsel und Tagesabläufe, Wetterveränderungen, das Leben der Fischer, die Landschaften zwischen Wolken und Watt, Haff und Nehrung, Nidden und Palau, Monterosso al Mare am Ligurischen Meer und Leba an der pommerschen Küste“, schreibt der Kunstkritiker Peter Winter in seinem Aufsatz „Rhythmus und Farbkontrast“ über die Landschaftsdarstellungen Max Pechsteins.
Straße und Landschaft
Obwohl das vorliegende Blatt eine Straßenszene zeigt, trifft vieles zu, was in diesem Aufsatz zu den Kompositionsprinzipien von Pechsteins Landschaften festgehalten wird: „Da ist (…) der starkfarbige Aquarellist, der in zeichenhaft-knappen Szenerien bewegte Figuren agieren lässt.“ In vielen Bildern wird, wie der Kritiker beobachtet, eine spitze, keilförmige Energie sowie eine Diagonale wirksam, die Kompositionen gerade aus den frühen 1920er Jahren regelrecht aktiviert.
Energie und Farb-Wucht
Beides ist auch in dem vorliegenden Aquarell klar erkennbar: In dem von den Komplementär-Kontrasten Gelb-Blau und Rot-Grün geprägten Straßenszenario bricht ein von links oben einfallender Sonnenstrahl eine Schneise in die Schatten und richtet die gesamte Komposition entlang dieser Diagonale aus. Selbst in den im Vergleich zu Ölfarben zarten Aquarelltönen wird eine Farb-Wucht erahnbar, die von Pechsteins in einem Text in der Zeitschrift „Pan“ beschriebenem, fast ekstatischem Zustand während des Malens zeugt: „Rausch! Gehirn zerschmettern! Wonnevolle Schmerzen des Gebärens! Krachen des Pinsels, am liebsten Durchstoßen der Leinwände. Zertrampeln der Farbtuben (…)!“ Eine Energie, die Pechstein, wie aus dem vorliegenden Blatt ersichtlich wird, während seiner sommerlichen Ostsee-Aufenthalte selbst mit dem Aquarellkasten intensiv auslebte.
Im Blickpunkt am 14. Mai: Akan-Goldgewichte
Ein breites Angebot an Porzellan aus Asien sowie an Servicen und Figuren aus europäischen Manufakturen steht im Blickpunkt der Fundgrube-Auktion von SCHEUBLEIN Art & Auktionen am 14. Mai. Wie stets umschließt die alle gängigen Kategorien überspannende Auswahl auch viele Trouvaillen für den kleinen Geldbeutel, diesmal besonders auch aus den Bereichen Graphik und Teppiche. Ein besonderes Highlight der Auktion indes entführt in den Westen Afrikas.
Goldgewichte der Akan
Gleich vier Positionen umfassen Gewichte und Wiegeutensilien, wie sie die zu den Akan-Völkern gehörenden Ashanti über Jahrhunderte hinweg zum Wiegen von Goldstaub verwendeten. Bereits in vorkolonialer Zeit schürften die Ashanti in den Regenwaldgebieten Ghanas nach dem Edelmetall und schufen daraus nicht nur filigranen Schmuck, sondern betrieben auch einen florierenden Goldhandel mit den Völkern der Sahelzone und sogar mit den Ländern nördlich der Sahara. Später, als Ghana unter der Bezeichnung Goldküste geführt wurde, kamen auch europäische Handelspartner und Kolonialmächte hinzu.
Goldstaub als Zahlungsmittel
Feiner Goldstaub wurde darüber hinaus ab dem späten 14. Jahrhundert auch als Zahlungsmittel eingesetzt. Die Wiegeutensilien, vor allem aber die Gewichte zum Abwiegen wurden im Lauf der Jahrhunderte immer kunstvoller angefertigt und orientierten sich nicht nur an einheimischen Systemen, sondern auch an den Einheiten der Handelspartner der Ashanti – islamischen Unzen, portugiesischen Unzen, später holländischen und anderen europäischen Gewichten.
Goldgewichte: von der geometrischen Form zum Ziermotiv
Auch die Gestaltung wurde immer komplexer: Waren die Akan-Goldgewichte am Anfang geometrische Formen, kamen schon bald Ziermotive oder Formkombinationen hinzu; ab dem 16. Jahrhundert wurden auch figürliche Goldgewichte angefertigt, die Menschen, Tiere und Gebrauchsgegenstände darstellten.
Sie waren immer noch zu ihrem ursprünglichen Zweck einsetzbar, dienten daneben aber auch als Parade- und Schauobjekte und ermöglichten es sogar, Geschichten oder Sprichwörter nachzustellen.
Hergestellt wurden die großenteils aus Messing im Wachsausschmelz-Verfahren gegossenen Gewichte bis ins späte 19. Jahrhundert.
Akan-Goldgewichte: eine einzigartige Tradition
1899 verboten die britischen Kolonialherren den Einsatz von Goldstaub als Zahlungsmittel; damit gerieten auch die Goldgewichte großenteils in Vergessenheit. Heute werden sie nur noch vereinzelt als Dekorationsobjekte hergestellt.
Die vier bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen angebotenen Konvolute reflektieren die ganze Vielfalt an Formen dieser einzigartigen afrikanischen Kunsthandwerks-Tradition: Sie umfassen geometrische, teils detailfreudig verzierte Objekte, Gebrauchsgegenstände wie Pflüge, Hammer oder Seile, Waffen und Muscheln, aber auch menschliche Figuren, Tiere und Vögel. Die Positionen umfassen jeweils 50, bzw. 51 Teile und sind zum Schätzpreis von je 140 Euro angesetzt.
Auktionsergebnisse vom 19. Maerz (II): Glas, Fayence, Hinterglas, Moderne
In der Kategorie Glas konnte SCHEUBLEIN Art & Auktionen bei der Frühjahrsauktion diesmal Objekte von absoluter Seltenheit anbieten: frühes deutsches Formglas, das Ende des 16. / Anfang des 17. Jahrhunderts vor allem in süddeutschen Glashütten entstanden war.
Auktionsergebnisse: Frühes Formglas
Ganz besonderes Augenmerk richteten die Bieter auf zwei Lose: Einen Fußbecher, dessen Quadermuster einst mit einem Model in das noch heiße Glas gedrückt worden war, und einen Römer. Der Schaft dieses in Gestalt der wohl traditionsreichsten deutschen Weinglasform gearbeiteten Trinkgefäßes ist, für die Zeit typisch, mit Beerennuppen verziert. Die Kuppa weist ein mit Hilfe eines Models erzeugtes Wabenmuster auf. Der Fußbecher wurde nach einem überaus intensiven Bietergefecht schließlich für 11.300 Euro* zugeschlagen und ging in den internationalen Kunsthandel. Der prunkvolle Römer wurde für 2.300 Euro* von einem privaten Liebhaber erworben.
Auktionsergebnisse: Fayence und Keramik
Einer der legendären Tropenvögel, die Bildhauer Josef Wackerle in den 1910er Jahren für die Majolika-Abteilung der Porzellanmanufaktur Nymphenburg entworfen hatte, entwickelte sich zum Spitzenlos der Kategorie „Fayence und Keramik“. Der majestätische, mit Sockel über 80 cm hohe Gelbbrustara mit Maske kletterte bis auf 6.300 Euro*, bevor der Hammer fiel.
Auktionsergebnisse: Hinterglaskunst
Eine außergewöhnlich umfassende Privatsammlung mit Hinterglasarbeiten markierte das Highlight des Angebots in der Kategorie Kunsthandwerk. Elf Bilder daraus führen bis an die Ursprünge dieser Kunst: Sie entstanden in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts im Großraum Venetien-Tirol im Umfeld von damals bedeutenden Zentren der Glasproduktion, die es beherrschten nicht nur Hohlglas, sondern auch flache, auf einem Eisenrahmen ausgestrichene Glastafeln herzustellen.
Motivisch reflektieren diese Hinterglasbilder den Malerei-Stil der Renaissance und Spätrenaissance. Allein schon dieser Sammlungsteil stieß sowohl bei privaten Liebhabern, wie auch bei Bietern aus dem Museumsbereich und dem Kunsthandel auf höchstes Interesse und erlöste insgesamt 23.500 Euro* .
Auktionsergebnisse: Kunst der Moderne
Bei der Kunst nach 1945 weckte ein 1968 entstandenes Blatt des katalanischen Surrealisten Joan Miró (1893 – 1983) besonders großes Bieterinteresse: „Tête Flèche“, eine Farbaquatintaradierung mit Caborundum. In letzterer Technik ist der Hintergrund dieser Graphik gearbeitet; sie ermöglichte es Miró, Dripping-Effekte, wie er sie bei den abstrakten Expressionisten beobachtete, auch in das Medium der Graphik zu übertragen. Über diesen Fond legte der Künstler eine fast kalligraphisch anmutende, frei intrepretierbare Formen-Komposition.
Das spannungsreiche Blatt ging für 6.300 Euro* an einen privaten Sammler.
* Alle Angaben der Zuschlagspreise inkl. Aufgeld (26%) und ohne Gewähr. Irrtum vorbehalten.
Auktionsergebnisse vom 19. März (I): Silber und Schmuck
Mit überaus regem Interesse von Bietern, die ihre Gebote schriftlich abgegeben hatten oder per Telefon und online zugeschaltet waren, hielt SCHEUBLEIN Art & Auktionen am 19. März seine Frühjahrsauktion ab. Besonders gefragt waren, neben Möbeln und Gemälden des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, historische Porzellane, moderne Kunst, eine Sammlung an Hinterglasbildern aus dem 16. Jahrhundert sowie Silber.
Auktionsergebnisse Silber: Gefragte Kostbarkeiten
Aus letzterer Kategorie stammt auch das Toplos der Frühjahrsauktion: Eine in Augsburg zwischen 1665 und 1669 von Meister Heinrich Mannlich angefertigte Schatulle mit reichen Verzierungen. Die Seiten des Objekts schmücken figürliche Reliefs mit Szenen aus dem Leben des alttestamentarischen Helden Samson – das Relief der Frontansicht zeigt den Moment, in dem seine Geliebte Delila Samson das Haupthaar, den Quell seiner unbändigen Kräfte, schert und ihn seinen Feinden ausliefert.
Für 12.600 Euro* ging das überaus begehrte Stück in eine private Sammlung.
Ein russisches Reliquienkreuz aus vergoldetem Silber, entstanden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, wurde für 5.700 Euro* zugeschlagen. Es ging in den Kunsthandel.
Auktionsergebnisse Schmuck: Objekte von Hanns Rothmüller
Gefragt war auch eine Auswahl von 23 Schmuckobjekten aus einem der legendärsten Juweliershäuser Münchens, Rothmüller. Gegründet 1886, avancierte das Atelier während der Jugendstilzeit zum Inbegriff moderner deutscher Schmuckkunst.
Die bei SCHEUBLEIN angebotenen Objekte fußen auf Entwürfen eines der beiden Söhne des Gründers, Hanns Rothmüller (1898 – 1983), dessen Gestaltungswille den Schmuckstil des Traditionsbetriebs in der Brienner Straße auch über mehrere Nachkriegs-Jahrzehnte hinweg prägte. Zu den Spitzenlosen aus diesem Bereich gehören eine schneeflocken-förmige Brosche mit Diamanten und Brillanten (Ergebnis 8.800 Euro*), zwei Ringe mit Saphiren und einem Rubin bzw. mit Zuchtperle und Diamantbaguetten (Ergebnis 6.550 Euro* bzw. 3.900 Euro*) sowie zwei Armreifen mit Korallen bzw. Zuchtperlen und Amethysten (Ergebnis 3.300 Euro* bzw. 4.900 Euro*).
* Alle Angaben der Zuschlagspreise inkl. Aufgeld (26%) und ohne Gewähr. Irrtum vorbehalten.