Die spannendsten Lose der 48. Kunstauktion (I): Ein Hinterglasbild von Victor Vispré
Seit mittlerweile einigen Jahren liegt ein besonderer Schwerpunkt der Aktivitäten von SCHEUBLEIN Art & Auktionen auf dem Bereich der Hinterglaskunst. Auch bei der Auktion am 20. März werden in der Kategorie Kunsthandwerk wieder diverse hochkarätige Arbeiten dieses Genrés angeboten. Besonders im Blickpunkt allerdings steht diesmal kein Objekt der Volkskunst, sondern ein Früchtestillleben aus der Hand von Victor Vispré (1727 – nach 1780). Das mit 46 x 64 cm sehr große Hinterglasbild ist mit einem Schätzpreis von 4.000 Euro angesetzt.
Früchtestillleben nach der Natur
Vispré gehört zu den wenigen Hinterglasmalern des 18. und 19. Jahrhunderts, die ihre Bilder überhaupt signierten – dadurch lassen sich ihm fast dreißig Arbeiten zuordnen, die er mitunter auch auf Leinwand, meistens jedoch auf Glas anfertigte, um sich die unnachahmliche Farbintensität und den Glanz dieser Technik zu Nutze zu machen. Sein favorisiertes Motiv waren Früchtestilleben, die er im Unterschied zu den meisten Hinterglasmalern seiner Zeit nicht nach druckgraphischen Vorlagen, sondern nach der Natur malte. Vermutlich 1763 folgte Vispré seinem Bruder Francois-Xavier, ebenfalls Hinterglasmaler, aus Frankreich nach London, zog mit ihm 1776 nach Dublin und kehrte 1780 nach London zurück, wo er zu einem unbekannten Zeitpunkt verstarb.
Victor Vispré: Ein Meister seines Fachs
Die malerische Meisterschaft von Victor Vispré lässt sich auch aus dem vorliegenden Gemälde gut ablesen: Früchte, hier Äpfel und Trauben, malte er in einer für die Hinterglaskunst verblüffenden plastischen und stofflichen Prägnanz. Um diese Wirkung zu erzielen, benutzte er Ölfarben, die er in dünnen Schichten auf das Glas auftrug und Nass-in-Nass vermalte. Die gesteigerte plastische Wirkung erzeugte er, in dem er beispielsweise um Früchte herum einen 1 bis 2 Millimeter breiten Randbereich frei ließ und diesen später mit geschwärztem Papier hinterlegte.
Auch die perfekte Wiedergabe von Glasgefäßen – hier eine silbermontierte Blumenvase – gehört zu den Merkmalen von Visprés hoher Kunst, die zu seinen Lebzeiten so gefragt war, dass selbst Madame Pompadour eines seiner lebensechten Früchtestilleben besaß.
Bis heute eine Augenweide
Lange konnten diese Arbeiten Victor Vispré nicht eindeutig zugeordnet werden. Aufschluss lieferte erst ein 2013 publizierter Aufsatz von Jeannine Geyssant und Berno Heymer. Den beiden Kunsthistorikern gelang es, das Werk Victor Visprés von den Bildern seines Bruders abzusondern; ihr Aufsatz endet mit dem Staunen über den bis heute lebensvollen Eindruck, den Visprés Gemälde vermitteln. „Im 18. Jahrhundert gehörte Victor Vispré zu den angesehendsten französischen Stilllebenmalern. Seine Hinterglasgemälde (…) haben – dank dem Bildträger Glas – bis heute all ihren Glanz und ihre Frische bewahrt.“
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