Ein Kardinal kommt nicht allein – März Auktion: Highlights bei den Gemälden des 19. und 20. Jahrhunderts
Das Gemälde “Auszug eines Kardinals aus S. Zanipolo, Venedig” (oben) aus der Hand eines heute weitgehend in Vergessenheit geratenen katalanischen Historienmalers – Ramon Tusquets y Maignon – ist nur eine der vielen Entdeckungen, mit denen in der Auktion am 16. März die Gemälde des 19. und frühen 20. Jahrhunderts aufwartet. Auch eine Impression eines Regentags in der Münchner Theatinerstraße aus dem Jahr 1908 von Charles Vetter gehört zu den Highlights dieser Kategorie, ein früher Mönch von Eduard Grützner , ein Blumenstilleben des von den Nationalsozialisten ermordeten Robert Kohl sowie ein Damenporträt von Franz von Lenbach.
Die Katalanen von Rom
„Ramon Tusquets y Maignon ist der katalanische Maler, bei dem es am wenigsten gerechtfertigt ist, dass er in Vergessenheit geriet“, schreibt der spanische Kunsthistoriker Carlos Reyero. Schon ein erster Blick auf sein detailreiches, mit fast fotografischer Genauigkeit gemaltes Gemälde “Auszug eines Kardinals aus S. Zanipolo, Venedig” (Schätzpreis: 800 Euro), macht geneigt, Reyero recht zu gebenGeboren 1837 als Sohn einer Barceloneser Handelsdynastie, konnte Tusquets y Maignon seinen Lebenstraum, Malerei zu studieren, erst verwirklichen, als sein Vater 1862 starb. Nach einem Jahr an der Akademie von Madrid übersiedelte er 1864 nach Rom – für Maler aus Südeuropa noch weit ins fin de siècle hinein das Kunst-Mekka schlechthin. Auch eine ganze Kolonie katalanischer Künstler hatte sich dort niedergelassen. Ihr führender Kopf: Marià Fortuny (1838 – 1874), Historienmaler und Orientalist (und Vater des Modeschöpfers Mariano Fortuny).
Historienmalerei neu entdeckt
Tusquets y Maignon schloss sich dessen Kreis begeistert an und griff alle dortigen Strömungen auf: Auch er malte Historien, orientalistische Gemälde oder auch „Costumbristas“ mit römischen Bäuerinnen und Bauern in ihrer traditionellen Tracht. Doch dann starb Marià Fortuny 1874 ganz überraschend an Malaria. Nun war es Tusquets y Maignon, der innerhalb der Gruppe zur Führungsfigur, und im Jahrzehnt zwischen 1880 und 1890 zum interessantesten Historienmaler Kataloniens avancierte. Denn ihm gelang es, in seinen Gemälden die klassisch-romantischen Tradition des Genres mit der neuen, plastischen Sprache des Realismus zu verbinden. Seine Bilder erregten Aufsehen, nicht nur in Tusquets’ Heimatland, sondern auch in Paris und Wien.
Von dieser Symbiose zwischen Historienmalerei und Realismus zeugt auch der vorliegende “Auszug eines Kardinals aus S. Zanipolo“: Die unfertige, deteilreich gestaltete Fassade mit dem Seitenportal nimmt fast drei viertel des Gemäldes ein. Das gesamte Personal des figurenreichen Bildes ist im unteren Viertel zusammengedrängt, doch mit großer, fast genre-hafter Erzählfreude dargestellt. Ein Schuhputzerjunge kommt herbeigeeilt; ein Straßenköter verbellt energisch einen kleinen Jungen, der von seiner größeren Schwester widerstrebend zum Ort des Geschehens gezerrt wird.
Rechts vom Kirchenportal drängen sich Menschen aller Bevölkerungsschichten: Ein Vater mit seiner wohlerzogenen kleinen Tochter (im blauen Kleidchen mit Reifen), Marktleute, eine Wahrsagerin, die gerade von einer Amme oder Zofe mit Baby im Arm Geld bekommt, während die zugehörige Herrschaft Mühe hat, an der Leine das zum Straßenköter hin ziehende, feingliedrige Windspiel in Zaum zu halten.
Das Gemälde stammt mit großer Wahrscheinlichkeit aus der Spätphase von Tusquets schaffen, während der er besondere Popularität genoss. Doch der radikale Schritt in die Moderne, den die bildenden Künste in den Jahren nach der Wende zum 20. Jahrhundert vollzogen, führte dazu, dass Tusquets y Maignons Bilder schon bald nach seinem Tod 1904 kaum noch Beachtung fanden. Aus kunsthistorischer Sicht schlummert sein Werk bis heute im Dornröschenschlaf. Der Kunstmarkt indes beginnt, diesen katalanischen Wahl-Römer langsam wiederzuentdecken.
Weitere Gemälde des 19. und 20. Jahrhunderts in der Märzauktion
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