Highlights 45. Kunstauktion: Picasso & mehr – Die Sammlung Kahn-Ackermann
Eines der absoluten Highlights der Auktion am 5. Juli ist die fast hundert Positionen umfassende Sammlung des SPD-Politikers Georg Kahn-Ackermann (1918 – 2008). Aus ihr stammt auch das Spitzenlos der Auktion, die Lithographie “Jeune fille inspirée par Cranach” von Pablo Picasso (oben links, Schätzpreis 18.000 Euro).
Kunst aus einem Künstlerhaus
Die Sammlung ist nicht nur mit Graphik der Klassischen Moderne und Asiatika hochrangig besetzt, sie entführt auch in über drei Generationen bestehendes Künstlerhaus in Ammerland am Starnberger See.
Leben wie im Roman
„Eines Tages (…) lag auf dem Dach des Holzschuppens Lukas Brandt auf dem Bauch und beschäftigte sich mit seinem Briefmarkenalbum. Er lag oft und gern hier oben (…) Im Küchenfenster wurde mit Geschirr geklappert; dort spülte Anne gerade ab, und Lukas überlegte, wie sie wohl wieder schimpfen würde, wenn sie ihn hier oben sehen könnte. Anna schimpfte immer; das war so ihre Art von Erziehung, und auf diese einfache Art zeigte sie, wie sehr sie den Jungen liebte. (…) Lukas‘ Mutter, Frau Dr. Brandt, war oft verreist. Sie arbeitete in großen Städten für Verlage und Zeitungen, um für sich und ihren Jungen Geld zu verdienen (…).“ Die erste Szene des 1933 erschienenen Romans „Kalumina – der Roman eines Sommers“ von Kadidja Wedekind, entführt nicht nur in eine zauberhafte Phantasiewelt rund das Landhaus der Familie Ackermann am Starnberger See. Sie spannt zugleich auch den Hintergrund für das Entstehen der Sammlung Kahn-Ackermann auf, die in der Sommerauktion 2019 bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen versteigert wird.
Von Wedekind bis Henry Kissinger
Der spätere Mitbegründer der Verwertungsgesellschaft Wort, SPD-Bundestags-Abgeordnete Georg Kahn-Ackermann, Vizepräsident des Europarats, aber auch Kreistagsabgeordnete in Bad Tölz/Wolfratshausen, tritt in „Kalumina“ kaum verändert als Lukas in Erscheinung, eine der Hauptfiguren des Romans.
Seine Mutter, die Schauspielerin und Übersetzerin Lilly Kahn-Ackermann (1892 – 1976), ist darin als Frau Dr. Brandt präsent. Ihr Anfang der 1920er-Jahre erbautes Landhaus in Ammerland ist nicht nur zentraler Ort der Handlung von „Kalumina“, hier gaben sich auch in Wirklichkeit jahrzehntelang Größen aus Kultur und Politik die Klinke in die Hand.
Lilly Kahn-Ackermann selbst wuchs als nicht eheliche Tochter der impressionistischen Malerin Maria Slavona (1865 – 1931) und des Malers und Kunsthändlers Willy Gretor (1867 – 1923) auf, einem engen Freund des Dramatikers und Schriftstellers Frank Wedekind. Die Freundschaft mit dessen Familie blieb weit über Wedekinds Tod 1918 hinaus bestehen. Seine beiden Töchter Pamela und Kadidja waren bis in die frühen 1930-er Jahre häufige Gäste auf dem Ammerländer Anwesen, ebenso Künstler und Dichter wie Conrad Felixmüller oder Jean Giraudoux. Später, als Georg Kahn-Ackermann das Haus in Ammerland für sich nutzte, fanden sich Politiker wie Willy Brandt, Herbert Wehner oder Henry Kissinger ein.
Besondere Leidenschaft für Picasso
Auch die vorliegende Sammlung reflektiert den offenen, freien Geist dieses Künstlerhaushalts; sie spannt den Bogen über alle wichtigen Kunstströmungen von etwa 1900 bis 1970 und enthält Arbeiten ihrer zentralsten Persönlichkeiten: Radierungen und Lithographien der Post-Impressionisten Pierre Bonnard und Paul Signac sowie der Expressionisten Erich Heckel, Max Beckmann und Ernst Barlach. Drucke und Zeichnungen im Geist der Neuen Sachlichkeit von Otto Dix, Rudolf Schlichter und George Grosz. Arbeiten, die verschiedenste Spielarten des Surrealismus reflektieren – von Max Ernst bis René Magritte, von Man Ray bis Paul Delvaux, von Juan Mirò bis Salvador Dalì. Die Spitzenobjekte der Sammlung sind zwei Graphiken von Pablo Picasso (1881 – 1973).Von ihm sind, neben diversen Radierungen, auch zwei Lithographien aus den Fünfziger Jahren, die beide im Rahmen seiner Metamorphosen zum Werk von Lucas Cranach entstanden sind: „Jeune fille inspiré par Cranach“ vom 26./27. 3. 1949 und „Le départ“ vom 20.5.1951. In beiden Blättern paraphrasiert Picasso Cranachs Bilder nicht einfach: „Le départ“ kombiniert Elemente unterschiedlicher Werke zu einer ganz neuen Kompositionen. „Jeune fille inspiré par Cranach“ bietet eine von Picasso kreativ überformte Sicht auf Cranachs „Bildnis der Prinzessin Sybille von Cleve“ von 1526.
Neben diesen graphischen Highlights bietet die Sammlung von Georg Kahn-Ackermann auch eine feine Auswahl an Asiatika, die der weltgewandte Politker zum Teil von seinen Reisen mitbrachte. Sie runden die umfassende Offerte ab.
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