Highlights der Auktion am 28. November: Ein Aquarell von Max Liebermann
Im Blickpunkt bei der Graphik steht ein Aquarell aus der Hand von Max Liebermann – hier zunächst ein Detail. Sein Schätzpreis liegt bei 15.000 Euro.
Max Liebermann: Landarbeit als Sujet
Mit auf dem Land arbeitenden Menschen beschäftigte sich Max Liebermann (1847 – 1935) schon während seines Studiums an der Kunstakademie von Weimar. Allerdings widmete er sich diesem Sujet nicht mit dem fast launigen Ansatz zeitgenössischer Genremaler, sondern mit dem klaren, die Mühen eines solchen Lebens wahrnehmenden Blick der im Deutschland der Gründerzeit zunächst verpönten französischen Realisten.
Mit dem Blick der Realisten
Wenn ein Kritiker über eine Ausstellung Liebermanns im Jahr 1872 schreibt, der Maler behandle „mit Vorliebe die ländliche Bevölkerung in ihrer Tätigkeit“, schwingt in der Feststellung ein gerüttelt Maß an Irritation und Despektierlichkeit mit. Dennoch ließ sich Liebermann von seiner Faszination für diese Sujets nicht abbringen und hielt sein halbes Künstlerleben lang, bis zur Wende zum 20. Jahrhundert, daran fest. Während seines Frankreichaufenthalts 1873 – 1876 setzte er sich intensiv mit dem Werk Jean-François Millets (1814 – 1875) auseinander, konnte allerdings während seines Aufenthalts in Barbizon nicht mehr zu dem bereits kränkelnden Meister vordringen.
Max Liebermann und Barbizon
Dennoch blieb dessen Art, die Landbevölkerung zu zeigen, für Liebermann prägend. Rainer Maria Rilkes Beschreibung eines von Millet gemalten Schäfers, sie könnte genauso gut für Liebermanns Figuren gelten: „Er rührt sich nicht; wie ein Blinder steht er unter den Schafen, wie ein Ding, das sie genau kennen (…). Er hat kein eigenes besonderes Leben. Sein Leben ist das jener Ebene und jenes Himmels und jener Tiere, die ihn umgeben. Er hat keine Erinnerung; denn seine Eindrücke sind Regen und Wind und Mittag und Sonnenuntergang, und er muss sie nicht behalten, weil sie immer wiederkommen.“
Liebe zu den Niederlanden
Landschaftlich orientierte sich der deutsche Maler allerdings weniger an der waldreichen Umgebung Barbizons als an den flachen, unstrukturierten Weiten der Niederlande, die er ebenfalls häufig bereiste. Auch der bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen vorliegende „Bauer mit Pferdekarren“ ist in eine solche Umgebung eingebettet. Über einen tief zerfurchten, schlammigen Weg schleppt sich seine gebeugte Gestalt langsam neben Pferd und Wagen dahin. Eine Schafherde mit Schäfer links, eine Rauchsäule rechts sind die einzigen weiteren Haltepunkte für den Blick in der Tiefe des Bildes. Nur Kopf und Rücken des Pferds sowie der Rauch durchbrechen die Linie des Horizonts und ragen in den grau verhangenen Himmel.
Von Aquarell und Skizze zum vielfigurigen Werk
Solche in Pastell und Aquarell rasch festgehaltenen Momentaufnahmen, aber auch vielfache Skizzen wie die oben gezeigte Federzeichnung nutzte Max Liebermann gerne, um sich den vor Ort gewonnenen Eindruck auch im Atelier frisch zu halten, wenn er zentrale Motive und die Bildorganisation großformatiger und vielfiguriger Werke festlegte und anschließend mit deren detaillierter Ausfrührung begann. Auch diese Skizzen und Studien aber prägt, wie Sigurd Bertuleit herausstellt, bis weit in die 1890er Jahre hinein eine Auffassung, die sich auf die Maler von Barbizon zurückführen lässt: „Der Mensch“, so die Kunsthistorikerin, „hat in diesen Bildern sein monumentales Maß verloren. Die Natur bestimmt seine Bedeutung.“
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