Im Blickpunkt am 17. Mai: Kokoschka am Genfer See
Frühsommerliche Stimmung vermittelt bei der Fundgrube-Auktion auch eines der prominentesten Lose dieser Versteigerung: eine Genfer-See-Ansicht aus der Hand des vor allem mit Wien assoziierten Expressionisten Oskar Kokoschka (1886 – 1980).
Kokoschka und der Genfer See
Seine Farblithographie „Genfer See Landschaft“ entstand vermutlich nach einem Aquarell, das der Künstler 1956 im heute zu Montreux gehörenden Örtchen Glion malt, mit Blick auf Hochgebirgszüge im Süden des Sees. Die Aussicht von speziell diesem Punkt aus scheint Kokoschka besonders fasziniert zu haben: Mit fast der gleichen Ansicht entstand 1956 auch ein winterliches Bild sowie 1957 ein detailreiches, heute unweit des gezeigten Orts in der Fondation Kokoschka in Vevey befindliches Ölgemälde.
Die unmittelbare Umgebung wird ausgeblendet
Dieses definiert die Umgebung etwas genauer und zeigt unter anderem auch ein Hotel links von der Zypresse, die das Gemälde und auch die vorliegende Lithographie dominiert. Dieser chaletartige Bau, aber auch große Teile des den Standpunkt umgebenden Gartens wurden in der Farblithographie ausgeblendet. Den über den See ziehende Dampfer und die schroffen, das Tal der Rhône säumenden Gipfel jedoch behielt Kokoschka bei.
Landschaftskontraste im Fokus
Der Maler fokussiert die Ansicht hier auf den den Südostteil des Genfer Sees prägenden Kontrast zwischen lieblich-sommerlicher Anmutung und imposant-abweisender Berglandschaft.
Kokoschkas Seelenheimat
Dieser scheint den expressionistischen Maler seit seiner Jugend besonders fasziniert zu haben. Bereits 1910 bereiste der damals 24-jährige Maler diesen Teil der Schweiz mit seinem Freund und Förderer Adolf Loos. 1919 bezeichnete er das Südost-Ufer des Genfer Sees in einem Brief als „seine Seelenheimat“.
Im Lauf der 1920er Jahre, und auch, als er während des Nationalsozialismus unter anderem in Großbritannien im Exil lebte, festigte sich die Beziehung zu Schweizer Galerien, Museen und Auftraggebern.
Verbindungen in die Schweiz
Hierin lag, neben Kokoschkas tiefer Verbundenheit zur Gegend um Montreux, der Hauptgrund, aus dem heraus der Maler 1951 ein Grundstück im Nachbarort Villeneuve kaufte. Dort baute er ein Haus, in dem er – wesentlich länger als an jedem anderen Ort – von 1953 bis zu seinem Tod 1980 wohnhaft blieb. Die meisten der in Kokoschkas Gesamtoeuvre eher spärlich vertretenen Landschaftsdarstellungen zeigen Ansichten dieser „Seelenheimat“ oder Gebirgsmotive aus dem nahen Wallis. Die vorliegende Farblithographie, die beides vereint, wird zum Schätzpreis von 300 Euro angeboten.
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