Nachlese zur Frühjahrsauktion: Münchner Geschichten
Gleich mehrere der Spitzenlose aus der Frühjahrsauktion von SCHEUBLEIN Art & Auktionen wiesen einen engen Bezug zur Heimatstadt des Auktionshauses auf. Sie waren zum einen unmittelbar zur Stadtgeschichte verbunden, zum anderen aber auch zu der überaus regen Kunstszene des ausgehenden 19. Jahrhunderts.
Prominent vertreten: die Allotria
Gleich beide Künstler, deren Bilder die besten Preise bei den Gemälden des 19. Jahrhunderts erzielten, gehörten der Künstlergemeinschaft Allotria an: Friedrich August von Kaulbach (1850 – 1920) und Franz von Lenbach (1836 – 1904). Kaulbach schloss sich bereits als 23-Jähriger der 1873 gegründeten Vereinigung an. Diese wandte sich zwar vom Stil der arrivierten Münchner Künstler ab, blieb jedoch gegenüber den großen innovativen Strömungen des ausgehenden 19. Jahrhunderts ebenfalls verhalten.
Friedrich August von Kaulbach: Mädchen im Park
Das Bild, das bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen versteigert wurde, entstand nur wenige Jahre später. Es stammt aus dem Jahr 1879, als sich Kaulbach mit Genreporträts in minutiös dargestellten historischen Kostümen aber längst einen Namen gemacht hatte. Ab 1878 begann er, sich anderen Sujets zuzuwenden. Er zeigte Menschen beim Zeitvertreib in Garten und Natur, die nicht selten auch die innere Stimmung der Dargestellten reflektiert. Auch das „Mädchen im Park“ sitzt, in Gedanken versunken und etwas melancholisch, auf einer Bank. Der Hain, in dem sie steht, ist schattig, doch von aufblitzenden Sonnenstrahlen durchzogen. Für 10.200 Euro* ersteigerte ein privater Interessent das Gemälde.
Franz von Lenbach: späte Porträts
Das in Öl auf Karton gemalte Doppelporträt „Mutter und Kind“ des Münchner Malerfürsten Franz von Lenbach (ganz oben) ging für 6.700 Euro* in den Kunsthandel. Dessen spätes, 1902 noch kurz vor seinem Schlaganfall entstandenes Porträt von Lily Merk wurde für 6.300 Euro* von einem privaten Bieter gekauft.
Die Bürgermedaille Anton Riemerschmids
Ein Kunstobjekt, das gleichermaßen für die Münchner Stadtgeschichte und die gezielte Förderung städtischen Kunsthandwerks im ausgehenden 19. Jahrhundert steht, entwickelte sich zum Spitzenlos der Kategorie Kunsthandwerk / Varia. Das war die Goldene Bürgermedaille, die 1877 an den Spirituosenfabrikant Anton Riemerschmid (1802 – 1878) verliehen wurde. Besonderheit dieses Objekts ist nicht allein die goldene Medaille selbst, sondern vor allem auch die Schatulle, in der sie überreicht wurde. Sie wurde für jeden Geehrten neu entworfen.
Eine Kapsel aus Elfenbein
Im Falle der Auszeichnung für Anton Riemerschmid war mit großer Wahrscheinlichkeit der Hofelfenbeinschnitzer Anton Diessl (1837 – 1918) der ausführende Künstler. Er gestaltete eine aufwändig gearbeitete Elfenbeinkapsel, in die die Medaille eingebettet war. Einer der Gründe für Riemerschmids Auszeichnung lag vermutlich in der 1862 durch ihn erfolgten Gründung einer Schule, die Mädchen auf eine Berufstätigkeit im Bereich von Handel und Wirtschaft vorbereitete. Sie war das erste derartige Institut in ganz Deutschland. Für 5.700 Euro* ging das geschichtsträchtige Stück an einen privaten Interessenten.
*alle Preisangaben inkl. 27% Aufgeld
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