Uralte Traditionen – März-Auktion: Priestergewänder und liturgische Textilien
Ein besonders Augenmerk ruht bei der Auktion am 16. März auf einer Reihe von liturgischen Gewändern, Textilien und anderen liturgischen Dekorationsobjekten. Besonders interessant ist eine Reihe von Kaselteilen, an denen sich die Wandlung des priesterlichen Obergewands der katholischen Kirche vom 14. bis zum 16. Jahrhundert deutlich ablesen lässt.
Gekleidet wie im Alten Rom
Die Ursprünge der Kasel, wie auch der anderen katholischen Priestergewändern, sind in der antiken römischen Alltagskleidung zu suchen. Speziell die Kasel leitet ihre Urform von einem in der römischen Kaiserzeit üblichen Radmantel für Wind und Wetter ab, der Paenula. Entsprechend trugen die Priester bis ins 13. Jahrhundert hinein weite, faltenreiche, ringsum geschlossene Mäntel ohne Armöffnungen, nach ihrer Form „Glockenkasel“ benannt.
Von der Glocke zur Geige
Ab dem 14. Jahrhundert allerdings wurden die voluminösen Mäntel beschnitten, sowohl wegen besserer Handhabung, wie auch um Stoff zu sparen. So enstand eine zweite. in Vorder- und Rückenteil gegliederte Form, die „Geigenkasel“, die ihre Gestalt seit dem 16. Jahrhundert nicht mehr wesentlich veränderte. Während das während des Gottesdienstes der Gemeinde zugewandte Rückenteil gerade blieb, wurde die Vorderseite immer stärker bogig ausgeschnitten, bis Ende des 16. Jahrhunderts die Form der bis heute üblichen „Geigenkasel“ erreicht war.
Figur und Dekor
Diese Entwicklung ist an den vorliegenden Kaseln ebenso gut zu beobachten wie der Wandel in ihrer dekorativen Gestaltung: Zwischen dem 13. und 16. Jahrhundert wurden die Besätze, oft sogar die gesamte Kasel, mit figürlichen Stickereien verziert, wie bei der Kaselfront (Schätzpreis: 180 Euro) und dem Kaselrücken (Schätzpreis: 200 Euro) aus dem Italien des 16. jahrhunderts, auf deren Kaselstab die Muttergottes mit Kind, Johannes der Täufer, der Heilige Jakobus (Rücken) sowie die Heiligen Paulus und Andreas (Front) dargestellt sind.
Ab dem 17. Jahrhundert setzte sich stattdessen eine reiche ornamentale Gestaltung durch, die beispielsweise auch die italienische Kaselfront aus dem späten 16. oder frühen 17. Jahrhundert prägt (Schätzpreis: 1.200 Euro). In rotem Samt und beigefarbenem Leinen ist ein aufwändiges florales Muster mit zentralem Sonnenmotiv gearbeitet.
Wende in den 60er Jahren
Diese Form des Priestergewandes blieb bis weit ins 20. Jahrhundert hinein ungebrochen erhalten. Erst die liturgischen Reformen der 60-er Jahre und die damit verbundene Zuwendung des Priesters zur Gemeinde lief der traditionellen Konzeption der Geigenkasel mit ihrer Akzentuierung der Rückseite entgegen. Tatsächlich sind moderne Priestergewänder deshalb wieder eher der altrömischen Glockenform entlehnt.
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