Highlights der Juli-Auktion (II): Drei Lithographien von Barbara Hepworth
In der Kategorie “Kunst nach 1945” bilden drei Graphiken aus der Hand der Bildhauerin Barbara Hepworth (1903 – 1975) ein besonderes Highlight. Die Blätter aus dem Lithographie-Zyklus „Aegean Suite“ geben einen faszinierenden und berührenden Einblick in die Beobachtungsweise und kreativen Denkprozesse der britischen Künstlerin.
Barbara Hepworth und Griechenland
Mit ihrer Griechenlandreise im August 1954 erfüllte sie sich nicht nur einen lang gehegten Traum. Sie versuchte damit auch, über einen schweren Schicksalsschlag hinwegzukommen: den Tod ihres ältesten Sohns Paul, der während seines Diensts bei der Royal Airforce verunglückt war.
Ein superbes Gefüge aus Hügeln und Ebenen
Der Besuch der Stätten des klassischen Altertums, aber auch der ägäischen Inseln, gab ihr neuen Mut und Schaffenskraft: „Die Inspiration war fantastisch“, schrieb die Künstlerin nach ihrer Rückkehr. „In Mykene rannte ich, mein Notizbuch in der Hand, wie ein Hase die Hügel hinauf, um ja vor allen anderen oben zu sein und die absolute Wucht der Einsamkeit für mich zu haben. Ich machte viele Zeichnungen für neue Skulpturen (…) Diese Formen waren meine Erfahrung dort oben. Nach meinem Bad in der Einsamkeit wartete ich auf die 199 Menschen, die ich hinter mir gelassen hatte, und beobachtete ihre Bewegungen und wie sie reagierten, als sie die Architektur in diesem superben Gefüge aus Bergen, Hügeln und Ebene betraten. Das war zugegebenermaßen sehr unsozial, aber ich hatte dreißig Jahre darauf gewartet, hierher zu kommen.“
Farben, Räume, Proportionen
Auch die Farben des südlichen Landes lösten schiere Begeisterung aus: „Indigo-Meer, das, wenn sich das Licht von den Klippen darin spiegelt, reinstes Himmelblau wird“, notiert die Künstlerin. „Diese indianisch-roten und rosanen Hügel – klösterlich purpurne Berge bei Sonnenuntergang, was die Grüntöne zur wildesten Vitalität intensiviert. Die Akropolis – die Zwischenräume zwischen den Säulen – die Tiefe ihrer Riffelung zu berühren – ihr Umfang, Gewicht und Volumen – die Großartigkeit eines einzigen Marmorblocks, das Loch am oberen Ende. Die leidenschaftlich warme Farbe des Marmors und diese alles durchdringenden philosophischen Proportionen und Räume.“
Barbara Hepworth’ “Aegean Suite”
Die Eindrücke der Reise wirkten für den Rest ihres Lebens nach. Noch in ihrem Spätwerk, als Barbara Hepworth begann, mit Lithographie zu experimentieren, widmete sie von den insgesamt nur zwei von ihr angefertigten lithographischen Serien eine der Form- und Farbenwelt Griechenlands. Aus dieser 1971 erschienenen „Aegean Suite“ liegen in dieser Auktion drei Blätter vor – „Sun and Water“, „Sun and Marble“ (ganz oben) und „Desert Forms“ -, die jeweils auf einen Schätzpreis von 1200 Euro taxiert sind. Sie spiegeln nicht nur Hepworth’ Faszination für die Vollkommenheit klassischer Formen, sondern auch für das oben beschriebene, einzigartig intensive Farbenspiel der Landschaften in der hellenischen Inselwelt.