Wildwest, Winter und edler Wein: Ein Rückblick auf das Auktionsjahr 2017
Wenn es um sein absolutes Highlight des Auktionsjahrs 2017 geht, braucht Michael Scheublein , Geschäftsführer von SCHEUBLEIN Art & Auktionen, nicht lange zu überlegen: Das sensationelle Ergebnis von Carl Ferdinand Wimars Gemälde “Indianer mit Pferden” – verkauft für 144.900 Euro* – hatte international für Schlagzeilen gesorgt. Doch das überragende Resultat war für Scheublein lediglich der Höhepunkt eines insgesamt erfolgreichen Auktionsjahrs, in dessen Verlauf die Palette des ohnehin breiten Angebots des Hauses noch um eine weitere Kategorie erweitert worden war: Wein.
Wimar bestes Ergebnis bei den Gemälden des 19. Jahrhunderts
Das Gemälde, das in der Auktion vom 30. Juni so hoch geklettert war, war eine kleine Version von Wimars berühmtem Gemälde “The Captive Charger”, das heute im Louisiana Museum of Art zu besichtigen ist. “Einzigartige Themen liefern eben einzigartige Ergebnisse”, weiß Michael Scheublein aus seiner langjährigen Erfahrung. Und hierin nimmt das Bild des Deutschamerikaners Carl Ferdinand Wimar (1828 – 1862) gleich in mehrerlei Hinsicht eine Sonderstellung ein: Es repräsentiert nicht nur die Perspektive, mit der die USA des mittleren 19. Jahrhunderts auf die amerikanischen Ureinwohner blickten, es entführt den Betrachter auch auf Anhieb in die Welt von Lederstrumpf, Winnetou und Old Shatterhand.
Italien und Niederlande top bei den Altmeistern
Bei den Altmeistern war es ebenfalls die Juni-Auktion, die besonders für Aufsehen sorgte: „Das Eisvergnügen“, eine vielfigurige Winterlandschaft des in England geborenen niederländischen Landschaftsmalers Robert Griffier (1675 – 1760), war ursprünglich mit 28.000 Euro angesetzt gewesen und wechselte schließlich für 50.400 Euro* den Besitzer.
Bereits im März war Giovan Gioseffo Dal Soles „Maria Magdalena“ mit einem exzellenten Ergebnis unter den Hammer gekommen. Die in Öl auf Leinwand gemalte Grisaille des Barockmeisters (1654 – 1719), die die Gefährtin Jesu als Büßerin zeigt, erzielte 18.270 Euro*.
Bei Sammlern sehr gefragt: Glas und Wein
Für viele Sammler, vor allen Dingen von Silber, Kunsthandwerk und Glas, markierte die September-Auktion den Höhepunkt des Auktionsjahres bei SCHEUBLEIN Art & Auktionen. Darin wurde eine umfassende Privatsammlung versteigert, die unter anderem 215 hochkarätige Positionen mit Glas enthielt. Das Bieter-Interesse an den Glasobjekten war so groß, dass 88 Prozent abgesetzt werden konnten. Die Glassammlung konnte sich von einem Gesamtschätzpreis von 50.000 Euro bis auf einen Wert von 94.500 Euro* steigern.
Auch die Dezember-Auktion wartete mit einem herausragenden Glas-Objekt auf: Eine Flasche aus braunem Glas, süddeutsch, 18. Jahrhundert, wurde für 6.550 Euro* zugeschlagen.
Mit fulminanten Ergebnissen reüssierte in der Juni-Auktion auch die neu ins breite Angebot von SCHEUBLEIN Art & Auktionen aufgenommene Kategorie Wein. Vor allem diverse Positionen mit Bouteillen der berühmten Domaine de la Romanée-Conti wurden intensiv beboten. Den höchsten Preissprung verzeichnete eine Flasche Romanée Conti Jahrgang 1971, angeboten mit einer Flasche Pommard, Auxey Meursault Jg. 1985. Sie erzielte 10.800 Euro.* Vor allem bei Privatleuten stieß die Wein-Offerte auf äußerst großes Interesse.
Mit Slevogt in die Moderne
Bei der Kunst an der Wende zur Moderne war ein weiterer Höhepunkt des Auktionsjahrs 2017 zu verzeichnen. Am 30. Juni kam eine Ölskizze des deutschen Impressionisten Max Slevogt (1868 – 1932) unter den Hammer. Das Bild einer Pfälzer Landschaft aus der „Neukasteler Periode“ des Malers wurde für 22.680 Euro* verkauft.
Sehr gesucht: Objekte des Münchner Jugendstil
Hoch in der Bietergunst standen im zurückliegenden Jahr auch Objekte aus der Zeit des Münchner Jugendstil. Ein Armlehnsessel und ein Tagesbett des Architektenduos Henry Helbig (1872 – 1943) und Ernst Haiger (1874 – 1952), die das Gesicht dieser Epoche in der Architektur der Isarmetropole entscheidend mitprägten, wurden für zusammen 7.300 Euro* verkauft. Ein vom Münchner Gestalter und Architekten Richard Riemerschmid (1868 – 1957) entworfenes, für das bis heute bestehende Juwelier- und Silberhaus Carl Weishaupt ausgeführtes 71-teiliges Besteck von 1911/12 erlöste 10.080 Euro*
Highlights beim Silber: Gefäße mit Tradition
Wie sehr die Gefäßform des Deckelhumpens die deutsche Schmiedekunst über Jahrhunderte prägte, beweisen die beiden Spitzenlose der Kategorie Silber: Ein Ende des 19. Jahrhunderts entstandener großer Deckelhumpen im Stil des Historismus erzielte am
1. Dezember 10.710 Euro*. Über 200 Jahre älter ist der Augsburger Deckelhumpen aus der Hand von Ismael Thelott, der in der September-Auktion für 8.820 Euro* unter den Hammer kam.
Möbel und Einrichtung: Aus der Welt des Barock
Das Jahres-Highlight bei den Möbeln wurde in der Dezember-Auktion versteigert: Ein Barockschrank mit Faden- und Bandeinlagen sowie Brandmalerei wechselte für 14.500 Euro* den Besitzer. Eine Bamberger Stutzuhr von Leopold Hoyss (1711 – 1797) und Georg Schmitt (1754 – 1830) war das herausragendste Objekt der Kategorie „Einrichtung“. Sie brachte in der September-Auktion 10.710 Euro* ein.
Toplose aus weiteren Kategorien
Highlights der Juni-Auktion (IV): Belle Epoque am Goetheplatz
Auf die Auktion am 30. Juni können sich diesmal Liebhaber von Jugendstil-Objekten ganz besonders freuen. Gerade für Münchner ist etwas besonders spannendes dabei: Ein Tagesbett und ein Armlehnsessel des Architekten-Duos Helbig & Haiger (links), die das Bild dieser Epoche in der Isarmetropole entscheidend mitprägten.
Die Fassade des Hauses Ainmillerstraße 22 mit ihrem üppigen Schmuck und den leuchtenden Farben kennt jeder, der schon einmal durch Schwabing gebummelt ist. Entworfen wurde das Gebäude, ebenso wie das von der Fassadengestaltung her dezentere, aber ebenso elegante Mietshaus in der Römerstraße 11, 1899 von den Architekten Henry Helbig und Ernst Haiger.
Die Möbelstücke – ein seltener Glücksfall
Weniger bekannt ist, dass das Duo auch Innenräume gestaltete. Und noch seltener tauchen von ihnen entworfene Möbel im Kunsthandel auf. Insofern ist es ein Glücksfall, dass SCHEUBLEIN Art & Auktionen nun ein Tagesbett und einen Armlehnsessel von Helbig & Haiger versteigern kann. Beide Möbelstücke (Schätzpreise: 1.200 und 280 Euro) sind aus Nussholz gearbeitet und stilgetreu gepolstert.
Erstes Aufsehen hatten Henry Helbig (1872 – 1943) und Ernst Haiger (1874 – 1952) 1898 bei der Münchner Glaspalast-Ausstellung mit Entwürfen für Villen und Interieurs erregt. Sie gründeten ein gemeinsames Atelier, in dem sie neben den beiden Schwabinger Bauten unter anderem den Umbau des Palais Freyberg am Karolinenplatz 5a betreuten. Das Atelier bestand bis ca. 1903. Danach verlieren sich die Spuren von Henry Helbig.
Herrschaftliche Villen, Goldene Bar
Ernst Haigers weiteres Schaffen indes ist gut dokumentiert: Bald nach Beendigung der Zusammenarbeit wendete er sich vom Jugendstil ab. Stattdessen arbeitete er in seinen Bauten mit abgewandelten Stilelementen des 18. und frühen 19. Jahrhunderts. In den 1910er und 1920er Jahren baute er u.a. Villen für Augusta und Frederico de Osa in Kempfenhausen und Berg am Starnberger See; 1938 gestaltete er die „Goldene Bar“ im Münchner Haus der Kunst und verantwortete den Umbau des Deutschen Pavillons auf der Biennale in Venedig.
Auch darüber hinaus ist der Jugendstil in der Auktion am 30. Juni mit einigen bemerkenswerten Objekten vertreten: zum Beispiel mit einer Sitzgruppe der um 1900 mit Niederlassungen in ganz Europa präsenten Wiener Möbelfirma Jakob & Josef Kohn nach Entwurf ihres Hausdesigners Gustav Siegel (Schätzpreis 1.400 Euro), oder einem Salontisch mit stilisierten Clematis-Blüten von Louis Majorelle, einst Mitbegründer der für den französischen Jugendstil prägenden École de Nancy (Schätzpreis ebenfalls 1.400 Euro).
Von einem weiteren weltberühmten Vertreter der Schule von Nancy werden zwei Vasen angeboten: Emile Gallé gestaltete sowohl die große ovale Vase mit reliefiert geätztem Mohnblumendekor (Schätzpreis 600 Euro) wie auch die kleine Vase mit herbstlich anmutenden Dekormotiven (Schätzpreis 120 Euro).
Auch aus dem deutschsprachigen Raum werden zwei außergewöhnliche Vasen versteigert: Eine Glasvase mit langgezogenem Hals und aufgelegtem silbernem Blütendekor im typischen irisierenden Glas der böhmischen Werkstatt Johann Loetz Witwe sowie eine grün glasierte Keramikvase mit floralem Schlickerdekor von Max Laeuger. In seiner 1897 gegründeten, zu den Tonwerken Kandern gehörenden Kunsttöpferei arbeitete er daran, die Stilformen des Jugendstil auch auf keramische Objekte zu übertragen.
Jugendstil-Keramik: Vase von Max Laeuger, Tonwerke Kandern. Schätzpreis: 100 Euro
Sogar bei der Graphik ist diesmal ein Jugendstil-Objekt vertreten: Ein Dekorentwurf des Architekten und Designers Eugène Gaillard. Er wird zu einem Schätzpreis von 1.000 Euro angeboten.